Radfahrer fühlen sich immer wohler in Trier

Trier/Berlin · Vor zwei Jahren ist Trier noch auf dem viertletzten Platz gelandet, nun machte die Stadt beim bundesweiten Fahrradklimatest des ADFC Boden gut. Gestern wurde Trier als einer der stärksten "Aufholer" unter Deutschlands Kommunen ausgezeichnet. Trotz der Erfolge gibt es aber noch großen Nachholbedarf.

Trier/Berlin. Anfangs sorgten sie für viele Staus und nicht wenig Ärger, und wäre es nach einigen Autofahrern gegangen, hätte die Stadt die Markierungen gleich wieder entfernt: Doch im Rathaus blieb man hart und hielt an Aufstellflächen und Fahrradspuren fest. Das Baudezernat setzte darauf, dass sich alle Verkehrsteilnehmer schnell an die neuen Verhältnisse gewöhnen.
Das Kalkül scheint aufgegangen, das Chaos an der Kreuzung Ostallee/Mustor/Gartenfeld hält sich inzwischen in Grenzen. Auch andernorts, zum Beispiel in Heiligkreuz oder im Bereich der Trevirispassage, haben sich Skeptiker damit abgefunden, dass Pedaltretern auf den Fahrbahnen mehr Platz und bisweilen sogar Vorfahrt eingeräumt wird. An einigen Ecken und Enden Triers wurden die Rahmenbedingungen für den Radverkehr verbessert, und während man bei Ausbauprojekten wie in der Bruchhausenstraße noch auf teure Bordsteinradwege setzte, weisen vielerorts nun auf den Asphalt markierte Fahrradspuren den Weg.Fahrradclub lobt Trier


Ein Kurs, der sich offenbar auszahlt und Triers Rathaus und Radfahrern nun eine ganz neue Erfahrung bescherte - ein Lob des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs. Gestern stellte der ADFC die Ergebnisse des bundesweiten Fahrradklima-Tests 2014 (siehe Extra) vor. Gefördert vom Bundesverkehrsministerium verzeichnete die Umfrage im vergangenen Herbst mehr als 100 000 Teilnehmer. Über die Aussagekraft der Ergebnisse lässt sich trefflich streiten, denn weder ist die Untersuchung repräsentativ noch wirklich wissenschaftlich. Doch meldeten sich in Trier immerhin 453 Menschen zu Wort, und es scheint eine klare Tendenz zu erkennen: Während Trier in früheren Tests in praktisch allen abgefragten Kategorien verheerend abschnitt, arbeitete man sich nun etwas nach vorne und landete auf Platz 29 von 37 Städten in der Größenordnung 100 000 bis 200 000 Einwohner. Mit einem Durchschnittswert von 4,28 liegt die Stadt deutlich hinter Spitzenreitern wie Erlangen (3,28) und Oldenburg (3,32), aber vor Koblenz (4,35) und Hagen (4,72).
Verbessert hat sich die Beurteilung der Radverkehrsinfrastruktur, bei der ein Wert von 3,6 erreicht wurde. Auch bei den Abstellanlagen schnitt Trier besser ab - wohl eine Folge des flächendeckenden Aufstellens von Fahrradbügeln. Befriedigende bis ausreichende Bewertungen gab es für die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und die Wegweisung. Wie schon in den Vorjahren verbuchte Trier mit 2,9 den besten Wert für die Öffnung von Einbahnstraßen, die Radfahrer auch in der Gegenrichtung befahren dürfen; hier galt Trier als Vorreiter. Regelrecht desaströse Noten erbrachte auch dieser Klimatest wieder beim Thema "Kontrolle von Falschparkern auf Radwegen".Unterm Strich durchwachsen


Unterm Strich eine durchwachsene Bilanz, und so beurteilt auch der örtliche ADFC die Ergebnisse. Fabian Bauer, Kreischef des Fahrradclubs, spricht von "einzelnen Lichtblicken" und "bekannten Ärgernissen". Zwar sei man "noch weit entfernt von der Spitze, aber wir finden es sehr erfreulich, dass die Verwaltung in Sachen Radverkehrsförderung inzwischen einiges unternimmt und mit zeitgemäßen Lösungen unterwegs ist." Die Projekte der vergangenen Jahre seien in der großen Mehrzahl "durchdacht und überzeugend". Deutliche Kritik übte Bauer beim Thema Parken auf Radwegen: "Das ist ein ewiges Ärgernis, hier fehlt immer noch der Kontrolldruck!" Fazit des ADFC-Vorsitzenden: Es tut sich was, doch gebe der Klimatest auch eine Agenda vor, wo großer Handlungsbedarf sei.
Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani erklärte gegenüber dem TV: "Ich freue mich sehr, dass unsere Bemühungen, die Stadt fahrradfreundlicher zu machen, Früchte tragen und auch anerkannt werden." Zugleich kündigte sie an, dass die Stadt in den kommenden Jahren die weiteren Projekte, die im städtischen Mobilitätskonzept vorgesehen sind, schrittweise umsetzen werde.Meinung

Rückenwind für die Aufholjagd
Für die Baudezernentin und auch den Oberbürgermeister dürfte die Auszeichnung des ADFC eine gewisse Genugtuung sein. Es stimmt ja auch: Unter Simone Kaes-Torchiani und Klaus Jensen, deren Tage im Amt gezählt sind, wurde in Trier mehr für den Radverkehr getan als unter sämtlichen Vorgängern. Auch im Stadtrat hat sich der Wind gedreht, dort haben fast alle erkannt, dass innerstädt ische Mobilität mehr denn je aufs Velo setzen muss. Zweifellos hätte Trier schneller in die Gänge kommen können und gibt es nach wie vor Bremser, wenn es konkret wird. Aber die Richtung stimmt! Allerdings kann die Auszeichnung als "Aufholer" auch nicht darüber hinwegtäuschen, wie enorm der Nachholbedarf ist. Die im Mobilitätskonzept 2025 vorgesehenen Maßnahmen müssen konsequent umgesetzt werden, damit aus vielen klugen Einzelprojekten in einigen Jahren ein durchdachtes Radverkehrsnetz erwächst. Der Fahrradklimatest 2014 verschafft den Machern und Entscheidern in Rat und Rathaus Rückenwind für die Aufholjagd, doch diese hat gerade erst begonnen. trier@volksfreund.deExtra

Zum sechsten Mal testete der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) das sogenannte Fahrradklima, die Situation für die Radfahrer, in Deutschland. Mehr als 100 000 Menschen stimmten ab, 468 Städte kamen in die Wertung. Der Test bestand aus 27 Fragen, die vor allem im Internet ausgefüllt wurden. Die Teilnehmer bewerteten mit den Schulnoten von 1 bis 6. Nur 16 Prozent der Teilnehmer seien ADFC-Mitglieder, betont der Verband, weshalb die Umfrage auch keine Mitgliederbefragung sei, sondern "ein Stimmungsbild aller Radfahrenden in Deutschland". Allerdings ist die Umfrage auch nicht repräsentativ und kann niemand nachprüfen, ob ein Teilnehmer wirklich regelmäßig mit dem Velo unterwegs ist. In der Kategorie 100 000 bis 200 000 Einwohner belegte Trier dieses Mal Platz 29 von 37. Zum Vergleich: 2012 landete die Moselstadt auf dem viertletzten Platz. Dank der Verbesserung schnitt Trier dieses Mal als drittbester "Aufholer" unter den 37 Städten ab. mst

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