Radikalpoet im Randfigurenkabinett

Zum dritten Mal gastierte der anarchistische Liedermacher Heinz Ratz mit seiner Band "Strom und Wasser" im Balkensaal. Der war mit fünfzig Leuten zwar gut gefüllt, die Combo verdient ob ihrer Klasse aber mehr Zuschauer.

 Anarchistischer Liedermacher: Heinz Ratz. TV-Foto: Frank Göbel

Anarchistischer Liedermacher: Heinz Ratz. TV-Foto: Frank Göbel

Trier. "Es ist ja für uns immer toll, in Trier zu spielen, weil hier im Publikum garantiert keiner besser aussieht als wir" , erklärt Heinz Ratz fröhlich den gut fünfzig Leuten, die zum Konzert seiner Combo "Strom und Wasser" ins Exhaus gekommen sind. Heinz Ratz mag es unverschämt. Darf er aber auch: Man freut sich, dass er mal wieder da ist, und man freut sich, dass er so gut aussieht. Bei seinem letzten Auftritt vor gut zwei Jahren an gleicher Stelle wirkte er angeschlagen vom Kampf gegen eine schwere Krankheit, doch augenscheinlich geht es dem anarchistischen "Radikalpoeten" wieder deutlich besser.

Dabei hat sich Ratz in den letzten Monaten keine Auszeit gegönnt. Mit der vierten CD "Farbengeil" im Gepäck tourt er mit "Strom und Wasser" derzeit durch 35 Städte. Anfang des Jahres hatte Ratz noch seinen "Lauf gegen die Kälte" durchgeführt: zu Fuß von Dortmund nach München, durch 20 Städte, und jeden Abend ein Konzert "zugunsten von Wohnungslosen und gegen die soziale Kälte".

Abgesehen von den trickreichen Texten ist es vor allem die Musik, die "Strom und Wasser" so weit von allen tradierten "Liedermacher"-Vorstellungen entfernt, dass man einen großen Bogen um den Begriff machen möchte. Die Besetzung schwankt je nach Auftrittsort, aber auch das Standard-Lineup aus Schlagzeug, Bass, Gitarre, E-Piano macht im Exhaus alles andere als Standard-Musik: Die rotzigen Befreiungsschläge gegen Dummheit, Ignoranz und Militarismus sind eingewoben in facettenreiche, mal jazzige, mal funkige Arrangements. Dann bricht wieder der pure Punk durch, Reggae oder Ska oder einer der bestens aufgelegten Instrumentalisten liefert ein energetisches Solo. Das alles kommt unbeschwert leicht und doch technisch anspruchsvoll. Besonders Schlagzeuger Benny Greb macht seinen Job unverschämt grandios.

So kommt das munter johlende und tanzende Publikum nach dem "Randfigurenkabinett" in den Genuss des "Liedes von der Elbe", das auch in der Moselstadt seine Wirkung nicht verfehlt.

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