Prozess um Raub mit Messer im Palastgarten: Angeklagte haben eigene Version des Geschehens

Trier · Von Körperverletzung über räuberische Erpressung bis zum bewaffneten Raub reichen die Anklagepunkte gegen zwei junge Männer, die sich vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Trier verantworten müssen. Die beiden sagen am ersten Verhandlungstag aus, stellen das Tatgeschehen aber anders als die Ermittler dar.

Trier. Die Schauplätze in der langen Anklageschrift von Staatsanwältin Katrin Schneider wiederholen sich: Es sind der Palastgarten und der Bahnhofsplatz. Auch die Akteure dürften sich in der Zeit zwischen Dezember 2015 und August 2016 öfter wieder begegnet sein. Die vorgeworfenen Raub-, Diebstahls- und Körperverletzungsdelikte haben sich fast ausschließlich in der Trierer Szene von jugendlichen Immigranten abgespielt. So benötigt der Vorsitzende Richter Günter Köhler fast zwei Stunden, um die Vorgeschichten der Angeklagten zu erkunden.

Der 20-jährige M. stammt aus Damaskus, kam mit seiner Mutter nach Algerien. 2014 setzte er sich mit 18 Jahren ohne Papiere mit Hilfe einer Schlepperbande - "die 3000 Euro hat meine Mutter gezahlt" - nach Italien ab. Von dort ging es über Frankreich und Belgien nach Trier, wo er einen entfernten Verwandten zu finden hoffte.

Dann folgt der Asylantrag in der Trierer Dasbachstraße, seit August 2016 wegen der nun anstehenden Tatvorwürfe in Untersuchungshaft. Dem vorausgegangen war ein Vorfall am Trierer Hauptbahnhof, bei dem er zusammen mit dem Angeklagten S. einen jungen Mann gewürgt, geschlagen und ihm Geld und Ausweispapiere entrissen haben soll. Schon 2015 habe er am Bahnhofsplatz einen erheblich alkoholisierten Afrikaner ausgeraubt. In beiden Fällen soll ein unbekannter Dritter mitgewirkt haben.

Der 19-jährige S. kommt aus Fes in Marokko, von wo er schon mit zehn Jahren vor der Stiefmutter und dem prügelnden Vater Reißaus nahm. Per Fähre als blinder Passagier unter einem LKW landete er zunächst in einem spanischen Kinderheim, mit 14 zog er weiter als Straßenjunge durch Barcelona und Paris. Später war Frankfurt am Main sein großes Ziel, doch in Saarbrücken holten ihn die Grenzer aus dem Zug. Erste Station war eine Einrichtung in Trier-Ehrang. Von dort ging es weiter in eine Jugendhilfeeinrichtung auf dem Helenenberg, wo er die Schule zu Ende brachte und eine Metallbauerlehre begann. Diese brach er aber wegen Drogen ab. Dann wird er zum ersten Mal inhaftiert. Er landet auf der Straße, Aufenthalt in Neuwied, zurück nach Trier, seit August 2016 ist er in Untersuchungshaft.

Laut Anklage soll S. im Juli 2016 im alkoholisierten Zustand im Palastgarten einen Mann mit der Faust attackiert haben. Am 6. August habe er gemeinsam mit zwei Unbekannten in der Neustraße einen Mann überfallen und ausgeraubt. Einen nächtlichen Streit mit Folgen soll S. zusammen mit einem anderen Täter am 9. August im Palastgarten losgetreten haben. Er soll die Jacke seines Opfers entwendet und dem Mittäter übergeben haben. Dann habe S. den Bestohlenen mit einem Messer bedroht. Dieser habe mit einer abgebrochenen Flasche zurückgedroht. Für beide endete der Abend im Krankenhaus und für S. zudem mit der Festnahme.
Die Angeklagten haben sich zu den Vorwürfen eingelassen - sie relativieren jedoch und stellen die Fälle so dar, als seien sie zuerst attackiert worden. Sie geben zu, dass meist reichlich Alkohol im Spiel war. Frage des Vorsitzenden Richters: "Sie sind doch Moslems, und trinken dennoch Alkohol?" Antwort M.: "Ich lebe im Diesseits dieser Welt."
Die Verhandlung wird voraussichtlich am Dienstag, 7. Februar, fortgesetzt.

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