Reiseführer für Rollis & Co.

TRIER. Menschen mit körperlichen Einschränkungen stoßen in einer Stadt häufig auf Hindernisse. Der Kultur- und Regionalführer "Portas Libertas" stellt für Menschen mit Handicap wichtige Informationen über die Region Trier zusammen.

 Bahn frei: Ohne eine Rampe bliebe Matthias Spartz die Zufahrt zur Basilika verwehrt. Ein Führer soll Touristen mit Handicap das Reisen in der Region erleichtern. Foto: Anke Scholz

Bahn frei: Ohne eine Rampe bliebe Matthias Spartz die Zufahrt zur Basilika verwehrt. Ein Führer soll Touristen mit Handicap das Reisen in der Region erleichtern. Foto: Anke Scholz

Geschickt fährt Wolfgang Schultheis mit seinem Rollstuhl die Rampe auf dem Basilika-Vorplatz herunter. Am Eingang der evangelischen Kirche schenkt er der eingebauten Drehtür keine Beachtung und drückt stattdessen auf den silbernen Schalter, der auf Hüfthöhe an der Nebentür angebracht ist. Die Tür öffnet sich automatisch.Erscheinungstermin: Frühjahr 2007

So leicht zugänglich für Rollstuhlfahrer ist nicht jedes Gebäude. "Die Basilika ist ein sehr positives Beispiel. Mit einem Rollstuhl kann man bequem hinein und heraus", erklärt Schultheis. Menschen mit körperlichen Einschränkungen stoßen in einer fremden Stadt häufig auf Hindernisse. Der Türrahmen ist zu eng, es fehlt ein akustisches Signal für Sehbehinderte, oder unzählige Treppenstufen erschweren den Weg. Mit einem neuen Handbuch möchte der Verein "Club Aktiv" Besonderheiten öffentlicher Gebäude in der gesamten Region Trier zusammenstellen, damit Menschen mit Handicap barrierefrei die Sehenswürdigkeiten erkunden können. Als Selbsthilfeverein für Behinderte und Nichtbehinderte kennt sich der Club Aktiv mit den Bedürfnissen von Menschen mit Handicap aus. Pünktlich zum Kulturjahr 2007 in Luxemburg wird im kommenden Frühjahr der kostenlose Kultur- und Regionalführer "Portas Libertas" erscheinen. Auch im Internet werden die Daten zur Verfügung stehen. "Anfang Juli werden wir mit mehr als 100 Helfern mit der Erhebung beginnen", berichtet Matthias Spartz vom Club Aktiv. Ausgestattet mit Fragebögen werden die Mitarbeiter Sehenswürdigkeiten, Hotels, Restaurants und andere Gebäude unter die Lupe nehmen. Nach jeder Erkundung füllen die Tester einen umfangreichen Fragenkatalog aus: "Kann ich ins Restaurant einen Blindenhund mitnehmen?", heißt es da zum Beispiel. "Ist das Bett höhenverstellbar? Ist der Behindertenparkplatz ausgeschildert?"Schulung mit verbundenen Augen

Das Ergebnis der Erhebung stellen Mattias Spartz und seine Kollegen in einem Handbuch zusammen. "Uns war es wichtig, die Gebäude umfangreich zu beschreiben, um den unterschiedlichen Behinderungen gerecht werden", sagt Spartz. "Schließlich ist jede Behinderung individuell", ergänzt der ehrenamtliche Mitarbeiter Schultheis. Eine einzelne Treppenstufe kann für einen Rollstuhlfahrer ein unüberwindbares Hindernis sein, für einen Gehbehinderten jedoch lediglich den Zugang erschweren. In speziellen Schulungen werden die Tester, die sich aus Ein-Euro-Jobbern und freiwilligen Helfern rekrutieren, auf ihre Aufgabe vorbereitet. "Wir möchten unsere Helfer während der Schulungen für die Bedürfnisse von behinderten Menschen sensibilisieren", sagt Spartz, der selbst auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Dazu hat man sich beim Club Aktiv eine besondere Aufgabe für die Helfer ausgedacht. Bei der Schulung wurden ihnen die Augen verbunden, bevor sie ein Gebäude erkunden mussten. So konnten die Helfer am eigenen Leib erfahren, auf welche Dinge ein sehbehinderter Mensch in einem fremden Gebäude angewiesen ist. Hilfreich ist das kleine Buch nicht nur für Behinderte. Auch Familien mit Kinderwagen oder Gepäck können von dem neuen Wegweiser profitieren. "Was für Behinderte Menschen notwendig ist, ist für alle anderen ein Komfort", sagt Schultheis. Ein Blick auf den Basilika-Vorplatz bestätigt das: Dort werden die Rampen längst nicht nur von Gehbehinderten genutzt.

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