Rendezvouz mit einer Leiche

Trier. Neun Menschen, ein Hotelzimmer: die Suite 648 im Westminster Hotel in London. In ihren vier Wänden spielt eine Verwechslungskomödie, die den Zuschauern in der Tuchfabrik vor Lachen die Tränen in die Augen treibt. Bei "Außer Kontrolle" von Ray Cooney macht das "Satiricon Theater" seinem Namen alle Ehre.

George Willey sieht die Schlagzeile schon vor sich: "Staatsminister erwischt bei Sexorgie mit einer Leiche." Willey ist da in eine Sache hineingeschlittert, aus der es so schnell kein Entrinnen gibt. Angefangen hatte alles relativ harmlos: Der britische Minister wollte sich heimlich mit seiner Geliebten treffen, während seine Frau ihn bei einer Debatte im "House of Commons" vermutet. Als er aber den Vorhang zum Hotelbalkon zur Seite schob, machte er eine grausige Entdeckung: eine Leiche! Offenbar handelt es sich um einen Einbrecher, dem das Schiebefenster zum Verhängnis geworden war, als es wie ein Fallbeil auf seinen Nacken hinunterschnellte. Was nur soll er jetzt tun?Notlügen, Komplikationen und Lügengeflecht

Die Polizei möchte Willey nicht zur Zeugin seiner kleinen Liebelei machen - die Leiche muss weg. Die naive Geliebte und sein begriffsstutziger Privatsekretär sind Willey dabei keine große Hilfe. Zu allem Überfluss klopft der Zimmerservice fortwährend an die Tür, und auch der Hotelmanager lässt seine Gäste nicht aus den Augen. Als dann auch noch Willeys Frau und der gehörnte Ehemann der Sekretärin auftauchen, müssen Willey und seine unfreiwilligen Komplizen zu einer Notlüge nach der anderen greifen - und verstricken sich immer mehr im Lügengeflecht. Trotz des komplexen Verwirrspiels - der Zuschauer verliert nie den Überblick. Je verwickelter die Geschichte wird, desto mehr drängt sich die Frage auf: Wie soll sich dieser Knoten aus Missverständnissen, Verwechslungen, Lügen und Intrigen bloß wieder lösen? Doch auf Ray Cooney ist wie immer Verlass: Am Ende gibt es eine ganz einfache, aber geniale Erklärung. Bis dahin unterhält das "Satiricon Theater" seine Zuschauer aufs Beste. Urkomisch das Mienenspiel des trotz der prekären Lage auf Seriosität bedachten Mr. Willey (Aaron M. Braun), die fiepende Stimme des Kellners (Martin Gesthuisen) oder die Verzweiflungstaten des vertrottelten Privatsekretärs (Bernhard Dübon), der ungeahnte Fähigkeiten an sich entdeckt, als er aus der Not heraus sowohl Mrs. Willey als auch die Krankenschwester seiner Mutter verführt. Die pointenreiche Farce bietet reichlich Gelegenheit für die Schauspieler, ihr komisches Talent unter Beweis zu stellen - doch die eigentliche Hauptrolle des Stücks spielt das heimtückische Fenster, das ein Eigenleben zu haben scheint und einige der Figuren vorübergehend schachmatt setzt, wenn es mal wieder unerwartet zuschlägt. Atempausen gibt es keine. Wenn sich Willey aus einer brenzligen Situation befreit hat, lässt die nächste Katastrophe mit Sicherheit nicht lange auf sich warten. Die Schwindeleien halten den Tunichtgut auf Trab. Und jedes einzelne Desaster bietet neue Situationskomik - vor allem als sich herausstellt, dass mit der Leiche etwas nicht stimmt und Willey trocken feststellt: "Das letzte Mal, als unsere Leiche gesehen wurde, fuhr sie Fahrstuhl..." Weitere Vorstellungen von "Außer Kontrolle" gibt das "Satiricon Theater" am 21. und 23. Oktober, jeweils um 20 Uhr im kleinen Saal der Tufa.

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