Rettungsaktion mit Hindernissen in Trier - Bergung von römischem Wasserkanal schwierig

Trier · Gestern sollte ein Stück des Römerkanals vom Deutschen Hof auf Reisen zum neuen Besitzer, den Stadtwerken gehen. Doch schon die Bergung ist schwierig. Dennoch ist der Baudezernent begeistert.

Rettungsaktion mit Hindernissen in Trier - Bergung von römischem Wasserkanal schwierig
Foto: roland morgen (rm.), Thomas Zuehmer ("TV-Upload morgen"

"Wo bleibt denn der Kran?", fragen sich die Schaulustigen, die das Spektakel vom Bauzaun aus beobachten. Dreieinhalb Meter tiefer arbeitet sich eine Seilsäge Millimeter um Millimeter durch antikes Gemäuer. Sieht so aus, als verlaufe alles nach Plan. Aber die besorgten Mienen der Mitarbeiter der Firma BTL aus dem luxemburgischen Dillingen signalisieren: Hier gibt es Probleme. Ein Kran wird an diesem Mittwoch jedenfalls nicht mehr vorfahren. Die Bergung des rund 2,20 Meter langen Teilstücks des römischen Wasserkanals erweist sich als schwieriger als erwartet. Und langwieriger.

Schon beim ersten Schnitt zeigte sich, dass die optisch top erhaltene Konstruktion, der eine Stahlplatte untergeschoben worden ist, instabil wird. Jetzt, beim zweiten Schnitt, ziehen sich Risse durchs Gemäuer. Das bedeutet: Die Sicherung des Blocks, die bisher aus drumherumgebundenen Holzpaletten besteht, muss wohl verstärkt werden, "damit beim Verladen auf einen Transporter nicht alles auseinanderfliegt", wie es ein BTL-Mitarbeiter formuliert.
Ziel des Transporters werden die Stadtwerke Trier (SWT) sein. Deren Vorstände Olaf Hornfeck und Arndt Müller sind ebenfalls vor Ort und berichten den Presseleuten, warum. "Wir wollen ein Stück antikes Trier retten."
Denn die Wasserleitung, die auf dem Gelände des Deutschen Hofs (Südallee 25) ausgegraben wurde, wäre jetzt üblicherweise ein Fall für die Bauschuttdeponie. "Wir haben uns ein Stück gesichert und wollen es für die Nachwelt erhalten", erklärt Arndt Müller und fügt hinzu: "Schließlich sind wir ja die Nachfolger der römischen Wasserver- und -entsorger".

Die Idee dazu hatte aber Andrea Weber, Geschäftsführerin des Hotels Deutscher Hof. Sie habe geahnt, dass bei den archäologischen Untersuchungen des Areals vor dem Bau der neuen Hotel-Tiefgarage "Spannendes zutage treten" würde. Tatsächlich aber war der Befund ergiebiger als selbst von den Experten des Rheinischen Landesmuseums erwartet. "Wir wussten, dass hier eine römische Nord-Süd-Straße verlief. Einen so gut erhaltenen Kanal hatten wir aber nicht erwartet", sagt Stadtarchäologe Joachim Hupe.

Mehr als 20 Meter lang ist der Kanalabschnitt, der in der 3,50 Meter tiefen Baugrube freigelegt und eingehend dokumentiert wurde. Er stammt aus dem frühen vierten Jahrhundert, als Konstantin von Trier aus den Westteil des römischen Imperiums regierte. Weil sich Andrea Webers ursprünglicher Plan, das Gemäuer zu konservieren und in die Tiefgarage zu integrieren, aus wirtschaftlichen und technischen Gründen nicht realisieren ließ, "musste eine andere Rettungslösung her - sprich: neue Besitzer".
Die Stadtwerke waren Andrea Webers erste Adresse. Dort lief sie mit ihrem "Kanal kostenlos in gute Hände abzugeben"-Angebot offene Türen ein. So ganz zum Nulltarif lässt sich die Antike aber nicht retten. Die SWT-Chefs schätzen, dass Sicherung, Bergung und Transport der 1700 Jahre alte Neuerwerbung durch Spezialfirmen rund 20 000 Euro kosten wird.

Ein Betrag, bei dem Maximilian Monzel, Geschäftsführer des regionalen Abfall-Zweckverbandes ART "nervöse Zuckungen" bekommt. Er will ebenfalls ein Stück römisches Trier retten, "aber für solche Zwecke haben wir natürlich kein Geld". Deshalb denkt Monzel über "eine Bergung mit Bordmitteln" nach. Gleiches gilt für den Dritten im Bunde der Interessenten, das Rheinische Landesmuseum.
Derweil warten die Stadtwerke auf neue Erkenntnisse zum Kanal: Beförderte er einst Frisch- oder Abwasser? Die Antwort entscheidet über den künftigen Standort. Müller: "Entweder werden wir unser gutes Stück auf dem Gelände des Wasserwerks in Irsch ausstellen oder im künftigen Energie- und Technikpark neben dem Klärwerk in Trier-Nord".

Der Antwort auf der Spur ist Florian Tanz. Der 30-Jährige schreibt seine Doktorarbeit über Wasserver- und -entsorgung im römischen Trier und war Dauergast auf der Grabungsstätte an der Südallee: "Ein faszinierender Ort. Wir kennen noch zehn weitere Fundstellen in unmittelbarer Nähe, und die vom Deutschen Hof. ist ein besonders großes Teil im Puzzle".
Ein weiteres könnte 2018 dazukommen. Nach dem Bau der Tiefgarage wird zwecks Hotelvergrößerung erneut auf dem Gelände des Deutschen Hofs gegraben, dann auf dem zur Saarstraße hin gelegenen Teil, der jetzt als Ersatzparkplatz dient.

Triers Baudezernent Andreas Ludwig zeigt sich "wirklich hellauf begeistert" vom Engagement des Deutschen Hofs, der Stadtwerke und des Zweckverbandes Abfallwirtschaft (ART): "Es wird viel davon geredet, das römische Trier zu retten. In diesem Fall bleibt es nicht beim theoretischen Blabla."Extra: TRIER, DIE RÖMER UND DAS WASSER

 Für eine Blockbergung vorbereitet wird ein 2,20 Meter langes Kanalstück, das jetzt den Stadtwerken gehört. Die Heraustrennung erfolgt per Seilsäge. TV-Foto: Roland Morgen

Für eine Blockbergung vorbereitet wird ein 2,20 Meter langes Kanalstück, das jetzt den Stadtwerken gehört. Die Heraustrennung erfolgt per Seilsäge. TV-Foto: Roland Morgen

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"


Römische Gemäuer, die nach ihrer Ausgrabung am Fundort erhalten werden, sind eine Rarität. Prominentester Fall aus jüngerer Zeit sind die Thermen am Viehmarkt, die 1987 unerwartet entdeckt wurden. Wegen seiner außerordentlichen Bedeutung wurde der Fund konserviert und erhielt einen Schutzbau, die sogenannte "Ungers-Vitrine" (nach dem Architekten Oswald Mathias Ungers). Ebenfalls an Ort und Stelle erhalten bleibt der Teil des römischen Wasserkanals vom Deutschen Hof, der den Bau der Tiefgarage nicht tangiert und sich in Richtung Südallee fortsetzt. Ihre drei Blöcke wollen Stadtwerke, Zweckverband ART und Rheinisches Landesmuseum konservieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Vergleichbare Beispiele sind ein Stück der Eifel-Wasserleitung auf dem Gelände der Uni Trier und am Ortseingang von Waldrach Reste der Ruwerwasserleitung, die einst das römische Trier versorgte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort