Revolution im Keltendorf

TRIER. Wie lebten Handwerker zur Keltenzeit? Antworten auf diese Frage finden in diesen Tagen Kinder in der kleinen Treverer-Siedlung in der Palästra der Kaiserthermen. Leben und Handwerk im ersten Jahrhundert vor Christi werden dort live erlernt und gelebt.

Es ist 10.30 Uhr. Vor der kleinen, von einem Holzzaun umfangenen Keltensiedlung, die an der alten Stadtmauer liegt, tummeln sich bereits die ersten Kinder und warten auf Einlass. Rauchschwaden schweben über den Dächern der sieben Handwerkshütten. Manche Kinder drängen sich eng an den Zaun, um in dessen Schatten etwas Abkühlung von der schon sengenden Sonne zu finden. Andere stehen in Grüppchen auf der Wiese. Das bevorstehende Erlebnis ist Gesprächsthema Nummer Eins. "Vielleicht kann man da Brotbacken oder so was", rätselt Johannes (9) aus Gusterath. Seine Schwester Verena (11) überlegt, in der Siedlung auch "einen Schmied, Schmuck und was mit Leder und Korbflechten" zu finden. Was sie hinter dem Tor der Keltensiedlung erwartet, wissen nur die Kinder, die schon einmal eine Anstellung bei einem Meister gefunden haben. "Mama, wann is das denn zu Ende?" - "Um Fünf!" - "So spät!" Doch um Punkt 11 Uhr ist von Zweifeln und Anspannung nichts mehr zu spüren. Sobald die kleinen Lehrlinge mit ihren Einlasskarten das Tor passiert haben, stürmen sie die Siedlung. Schnelligkeit ist bei der Suche nach einer Anstellung bei der gewünschten Meisterei gefordert. "Ist hier Schmuck?" - "Nee, hier ist Leder!" Und weiter geht die Suche. Innerhalb von fünf Minuten hat jeder seine Aufgabe für diesen Tag gefunden, sei es beim Steinmetz, in der Spinnerei und Färberei oder in einer anderen Hütte. Scheu ist in den kleinen Arbeitsgruppen ein Fremdwort. Die Kinder stürzen sich sofort auf die Arbeit. Ein Geruch von Kohle und Feuer zieht durch die Siedlung. Vor der Hütte von Schmiedemeister Ariovista steht ein offener Ofen, der die Blicke auf sich zieht. "Wer kümmert sich um die Kohlen?", fordert er seine Lehrlinge auf. Christian (11) aus Kernscheid tritt auf den Blasebalg und heizt dem Feuer mächtig ein: "Ich bin schon den zweiten Tag beim Schmied. Das macht alles Spaß." Aus der Hütte dringt plötzlich Lärm: "Ey, ich bin am schärfen!" - "Ich will aber auch mal!" Doch der Streit dauert nur kurz und die Lehrlinge einigen sich. Zehn Meter entfernt liegt der Geruch von Melisse in der Luft. Im Gewürzhaus, das mittags als Wirtsstube dient, sitzen Kinder an kleinen Holztischen auf mit Löchern ornamentierten Sitzbänken und schneiden das selbst gepflückte Gewürz klein. Lars (12) bietet zum Preis von einem Taler selbst gebackene Fladen aus der Bäckerei an. Ebenso floriert der Handel mit Lederbeuteln, Geldsäckchen, Kopftüchern, Essen, Kordeln und Eisenwaren. Kleine Verletzungen vom Äpfel schneiden oder Leder stanzen werden provisorisch mit Tuch und Kordel verarztet - ganz nach Keltenmanier. "Was dauert das denn so lange" tönt die Stimme des Schmieds durch die Siedlung, der seine Lehrlinge antreibt. Seine Ungeduld wird bestraft. Es kommt zur Meuterei. Ariovista liegt am Boden und sechs Kinder auf ihm. Er ruft den Bäckermeister Veneter zur Hilfe. "Das geschieht ihm recht, dem Schuft!", tönt es aus dem Wirtshaus. In der kleinen Siedlung pulsiert das Leben. Kinder arbeiten, schließen Freundschaften und tragen kleine Fehden aus. Und wie nebenbei lernen sie auch etwas über das Leben der Kelten, täglich ab 11 Uhr, bis zum 29. August. Am heutigen Mittwoch ist die Spielstadt allerdings ausnahmsweise geschlossen.

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