Rock hinter Gittern

TRIER. Otto Normalverbraucher kann das Leben hinter Gittern nur erahnen. Erst recht verfälschen Gefängnis-Serien im Fernsehen das Bild. Eines steht jedoch fest: Die Gefangenen freuen sich über Abwechslung in ihrem Alltag. So geschehen mit der Rockgruppe "Wowbagger".

Die Leiendecker Bloas hat bereits im Gefängnis gespielt, und auch eine Theatergruppe der Trierer Uni. Jetzt gab die Trierer Heavy-Metall-Band "Wowbagger" ein Konzert hinter Gittern.Alles geschah auf freiwilliger Basis, denn die Trierer Justizvollzugsanstalt geht seit langer Zeit einen kulturellen Weg: Musikgruppen - andere darstellende Künstler sind nicht ausgeschlossen, die die Strapazen eines größeren Sicherheits-Checks nicht fürchten, sind jederzeit eingeladen, ein Konzert hinter den Gefängnismauern für die Gefangenen zu geben."Wir suchen jederzeit nette Leute, die zu uns kommen wollen", sagt JVA-Anstaltsleiterin E. Deliargyris. Und ergänzt: "Die Leiendecker Bloas wollte wiederkommen". Das zweistündige Konzert mit "Wowbagger" am frühen Montagabend kam zustande, weil ein Vollzugsmitarbeiter ein Bandmitglied kennt. "Wowbagger", das sind Dieter Geisbüsch (Gitarre/Gesang), Ulrich Geisbüsch (Gitarre), Christian Lui (Bass) und Dieter Hauser (Schlagzeug)."Wir haben schon vor viel Publikum gespielt, aber in einem Gefängnis, das ist für uns wirklich neu", erzählt Gitarrist Ulrich Geisbüsch. Die Sicherheitskontrollen seien zwar umfangreich gewesen, aber ihnen sei bei dem Aufbau des ganzen musikalischen Equipments auch geholfen worden.Plätze wurden zugeteilt

Kurz vor Konzertbeginn haben die Musiker noch einen Sound-Check gemacht, sind die Setlist noch einmal durchgegangen, dann kamen die Gefangenen: In kleinen Gruppen marschierten sie ein. Jeder nahm den zugewiesenen Platz in der Gefängnis-Aula ein. Ein Mann war mit einem Platz nicht einverstanden. Für ihn bedeutete es, dass das Konzert für ihn beendet ist.Von insgesamt 230 Insassen hatten sich 97 Interessenten gemeldet. Jeder Einzelne wurde entsprechend überprüft, ob er für die Teilnahme geeignet sei, so die JVA-Chefin. "Eine unbedingt erforderliche Maßnahme." Es seien auch Leute rausgefiltert worden. "Wowbagger" legte gleich mächtig los mit Cover-Songs von Metallica, Roy Gallager, Black Sabbath, Stone Temple Pilots oder den Beatles. Fehlen durften nicht die Eigen-Kompostionen, für die es von den Zuhörern genau so viel Applaus gab, wie für die bekannten Songs."Don't go out tonight", war zum Beispiel so ein eigener Song und war nicht extra komponiert und arrangiert worden für das Knast-Gastspiel. Um 20 Uhr war das Konzert vorbei. Den Gefangenen hat die willkommene Abwechslung gefallen, was deutlich am langen Schlussapplaus zu hören war. Geordnet ging es zurück in die Zellen. Abgesehen von der einheitlichen Anstaltskleidung der Zuhörer sowie von dem Umstand, dass alle ruhig auf ihren Stühlen sitzen bleiben mussten und es auch keine Getränke gab, hätte die Szene durchaus auch auf der überdachten Bühne im Trierer Brunnenhof spielen können - die Beamten in Uniform mal ausgenommen.Ortsvorsteher und Vorsitzender des JVA-Anstaltsbeirates Helmut Kress war ebenfalls zu dem Spektakel gekommen: "Ich bin hier fast wie zuhause", so Kress augenzwinkernd. Trotz enormer Lautstärke und seines hohen Alters hielt Kress es bis zum Konzert-Ende aus. Nicht zuletzt wegen der schützenden Ohrstöpsel, wie er zugab.

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