Rockender Jazz

TRIER. Radikal neue Arrangements für Hits von den Rolling Stones brachten Saxophonist Wollie Kaiser und seine Band Blowin´up stones im kleinen Saal der Tufa zu Gehör. Saxophone, Klarinetten, Flöte und die Stimme einer Sängerin sorgten für einen originellen jazzigen Sound.

 Kann auch zickig singen: Elodie Brochier. Foto: Anke Emmerling

Kann auch zickig singen: Elodie Brochier. Foto: Anke Emmerling

"Man kann aus allem etwas machen, und die Stones haben ja auch ein Paar schöne Lieder geschrieben", meint Wollie Kaiser, Dozent an der Folkwang Schule Essen und im Jazzstudiengang der Musikhochschule Saarbrücken. Er hat sich, zusammen mit vier anderen Saxophonisten und einer Sängerin, die Musik der legendären Band vorgeknöpft, um ein Cover-Konzert der etwas anderen Art auf die Bühne zu bringen. Das beginnt mit zunächst ungeordnet anmutenden Saxophonklängen, aus denen sich nach und nach Versatzstücke einer Melodie schälen. Kaum ist sie jedoch als "You can´t always get what you want” identifiziert, löst sie sich auch schon wieder auf.Spiel mit klanglicher Verfremdung

Kaiser und seiner mit viel Humor agierenden Band geht es nicht darum, die alten und neuen Klassiker der Stones bis zur Unkenntlichkeit zu verändern, sondern vielmehr, sie einer neuen Lesart zu unterziehen. Da wird mit klanglicher Verfremdung gespielt: Saxophone, Klarinetten und Flöte ersetzen Gitarre und Schlagzeug. Es wird zitiert, manchmal mit Originaleinspielungen vom Band. Dann wieder wird zerlegt und neu zusammengesetzt, so dass in "Ruby Tuesday" plötzlich Fragmente aus "Turn to black" auftauchen. Angereichert wird all das mit Jazz-Improvisationen und fetzigen Soli. Glanzstück der neuen Interpretation aber ist der Gesang von Elodie Brochier, der mal melodiös und lieblich, mal röchelnd, hauchend, schreiend oder motzig klingt. Dabei gibt sich die Sängerin mit viel schauspielerischem Talent naiv, lässig, zickig oder verrucht und überspitzt so die Charakteristika der Originale. Unwillkürlich taucht das Bild des divenhaften Jagger auf, dazu Erinnerungen, wie anstößig seinerzeit Stones-Songs empfunden wurden. Auch dem werden Kaisers neue Arrangements gerecht. Fast vulgär klingen manche tiefen Bläsersätze, zerrissen und schräg, die, die einen die Aufforderung "Let´s spend the night together" glatt ablehnen lassen würden. Ungewohnt lieblich hingegen die Klarinetten- und Flötenversion von "My sweet Lady Jane", die fast schon an klassische Kammermusik erinnert. Insgesamt ein witziger, origineller Ausflug in neue Sphären, der allerdings unterstreicht, dass Schönheit ein relativer Begriff ist.

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