Rollenwechsel für die "Rampensau"

Als Gladiator, Tribun und Zenturio führt Thom Nowotny durch antike Baudenkmäler Triers. Zu Halloween streift er die römischen Gewänder ab und liest im "Chat Noir" aus Werken von Edgar Allan Poe.

 Für die Lesung von Edgar Allan Poes schaurigen Geschichten legt Thom Nowotny seinen Zenturio-Helm ab. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Für die Lesung von Edgar Allan Poes schaurigen Geschichten legt Thom Nowotny seinen Zenturio-Helm ab. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. Wenn Thom Nowotny zur Arbeit fährt, nimmt er bisweilen eine zwölfstündige Reise quer durch die Republik in Kauf, denn der Schauspieler lebt in der Uckermark zwischen Berlin und Stettin. Die lange Fahrt nach Trier ist es ihm wert. Im vierten Jahr ist er der "Gladiator Valerius" im Amphitheater und der "Tribun Mallobaudes" in den Kaiserthemen, seit 2005 auch Zenturio und Gott Mars in "Das Geheimnis der Porta Nigra". Täglich gibt er bis zu drei Vorführungen in drei Rollen. Der Mann ist ein Besessener, der mit vollem Stimm- und Körpereinsatz die historischen Gestalten für seine Zuschauer zum Leben erweckt: "Die Stücke sind einzigartig. So eine Kulisse kann mir kein Theaterregisseur hinstellen."Nach abgeschlossener Schreinerlehre hat der gebürtige Ostberliner Schauspiel und Musik studiert. Seit neun Jahren lebt er in einem 13-Seelen-Dorf in der Uckermark. Mit seiner Frau Uta bewohnt er ein altes Haus, das er selbst umgebaut und renoviert hat. "Hier hausten früher Landarbeiter und nach dem Krieg bis zu 30 Flüchtlinge." Heute bevölkern Schafe, Hühner, Enten, Gänse, Karnickel, Hunde und Katzen das Anwesen.Als Musiker trat Thom Nowotny im Schauspielhaus Hamburg und in der Komischen Oper Berlin auf und tourte als Gitarrist mit Tim Fischer und vier Jahre mit Lotti Huber. Mit ihr verband ihn eine enge Freundschaft. "Nach ihrem Tod war es schwierig, wieder zurück ins Business zu kommen."Als künstlerischer Leiter organisiert er seit acht Jahren das Kunstfest Berlin-Pankow im Schlosspark Schönhausen, ehemalige Sommerresidenz von Friedrich dem Großen und Gästeschloss von Erich Honecker. "Diesmal hatten wir 14 000 Besucher an zwei Tagen."Als "Wolle Pütter" in GZSZ

2005 schrieb "Die Welt": "Das schönste Volksfest Berlins ... Es gibt Musik, Spektakel, Kunst und schöne Dinge, fröhliche Leute, ausgelassene Kinderhorden." Als Filmschauspieler war Nowotny 1999 in der Rolle des "Wolle Pütter" in "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" zu sehen und in der Hauptrolle in Matthias Fritschs "Das Passfoto", 2001 zum "Besten Film" beim Festival San Gio in Verona gekürt. "Fernsehen ist schwierig, weil es nach der Sendung keine Rückmeldungen gibt", bedauert er. Liveshows, wie die mit Lotti Huber 1997/98, seien ihm wegen der Reaktion des Publikums lieber.Der 41-Jährige bezeichnet sich selbst als "Rampensau": "Ich will auf der Bühne stehen und die Leute unterhalten, zum Lachen und zum Weinen bringen. Applaus macht süchtig." Als "Max der Marder" in "Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch" war Nowotny drei Winter lang mit dem Darmstädter "Theater auf Tour" unterwegs: "Wir haben nur in großen Hallen wie dem Tempodrom in Berlin gespielt. In Hamburg traten wir vor 3000 Leuten auf." Für Kinder und Jugendliche spiele er gerne, gleichzeitig sei es eine große Herausforderung, denn "Kinder sind das beste Publikum. Nur Jugendliche sind noch besser. Oder schlimmer. Wenn du sie nicht gewinnen kannst, machen sie dich fertig." Das "völlig unberechenbare" Publikum sei ein zusätzlicher Reiz bei den Trierer Erlebnisführungen.Seine jüngste Idee ist eine Lesung mit Schlagwerk. Pünktlich zum Gruselfest Halloween liest Thom Nowotny schaurige Kurzgeschichten des amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe im Varieté "Chat Noir" auf dem Petrisberg (Mittwoch, 31. Oktober, 20 Uhr; Infos: Telefon 0651/1455600). Begleitet wird er von seinem langjährigen musikalischen Weggefährten, dem Drummer und Percussionist Michael Behm von der "Stern Combo Meißen": "Michael ist unglaublich; einer der gefragtesten Jazz- und Rockschlagzeuger Ostdeutschlands. Ich fühle mich super geehrt, dass er für die Lesung extra aus Berlin anreist."

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