Rosa Karte gegen Männergewalt
TRIER. Ein Nein ist ein Nein. Damit dies sich in den Köpfen der Trierer verankert, informiert eine Aktion in Trier über sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Mit provokanten Sprüchen auf Bierdeckeln und Streichholzschachteln soll das Thema raus aus der Tabuzone.
"Gewalt ist auch Dein Bier!" So lautet eine der Botschaften, die seit gestern in 40 Gaststätten, Friseursalons, Fitnessstudios und Parfümerien der Stadt zu lesen sind. Auf 120 000 Bierdeckeln und 10 000 Streichholzschachteln machen der Trierer Frauennotruf, die Interventionsstelle und das Frauenhaus mobil gegen sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Das gesellschaftliche Tabuthema sexuelle Gewalt soll endlich in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Deshalb nutzen die Hilfseinrichtungen gerade die Bierdeckel als Werbeplattform: Alkoholwerbung funktioniere oft über eine sexuelle Inszenierung. Optisch erinnern die markanten Botschaften an die Warnhinweise auf Zigarettenschachteln, allerdings fallen sie durch den pinkfarbenen Hintergrund noch stärker auf. Frauennotruf, Interventionsstelle und Frauenhaus setzen bewusst auf Provokation: "Frauen vergewaltigen macht impotent und schränkt den Freundeskreis ein!", steht auf den Deckeln. Diese Botschaft sei zwar medizinisch nicht korrekt, so Ingrid Gödde vom Frauennotruf, doch sie solle deutlich machen: "Der Täter soll ausgegrenzt werden, nicht das Opfer." Häufig werde den Frauen die Schuld an einer Vergewaltigung zugewiesen, weil sie beispielsweise einen tiefen Ausschnitt trugen oder nachts alleine durch die Stadt liefen, sagt Gödde. Sexuelle Gewalt ist "kein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches Problem". Von einer unangenehmen "Anmache" über Belästigung bis zur Vergewaltigung reichen die Erfahrungen vieler Frauen. Das passiert täglich. In Deutschland haben 40 Prozent der Frauen in ihrem Leben bereits sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt, so das Ergebnis einer Studie des Bundesministeriums für Frauen aus dem Jahr 2004. Jede vierte Frau wird laut dieser Untersuchung von ihrem eigenen Partner misshandelt. Deshalb sehen die drei Trierer Einrichtungen ihre Aufgabe neben der direkten Hilfe für die Opfer darin, die öffentliche Diskussion über das Thema zu entfachen. Ein sexueller Übergriff löst einen "Flächenbrand" - so die Botschaft auf den Streichholzschachteln - bei den Betroffenen und in ihrem Umfeld aus. Die Konsequenzen reichten in alle Lebensbereiche der Opfer hinein, sagt Gödde. Die rund 3500 Euro teure Kampagne soll gegenüber der Problematik sexueller Gewalt auf unterschiedliche Weise sensibilisieren: Männer sollten sich durch Botschaften bewusste von den Tätern abgrenzen, so Gödde. Auch Frauen wollen die Helferinnen durch die Aktion wachrütteln: Sie sollen sich "informieren und sich überlegen, wie sie sich schützen, selbst verteidigen und behaupten können", sagt Gödde. Es gehe darum, "Grenzen für sich selbst zu definieren und sich zu gestatten, sich zu wehren", erklärt sie. Denn es sei besonders die Ohnmacht der Frauen, die den Männern das Gefühl der Macht gebe. Unterstützt werden die Einrichtungen durch 40 Trierer Betriebe wie dem "Hauptmanns" am Kornmarkt. Betriebsleiter Paul Hauptmann begrüßt die Aktion, denn die Provokation "animiert zum Nachdenken". Deshalb liegen dort bis zum 30. September die Deckel und Zündhölzer aus.