Rote Knubbelnase und Strubbelhaare

TRIER. Seit 1997 begleitet Elke Reiter die knubbelige rote Nase, die sie am ersten Tag in der Mainzer Clownschule als wichtigstes Handwerkszeug in die Schultüte gesteckt bekam. Ein Traum, den sie schon als Jugendliche träumte, hat sich mit dieser Ausbildung erfüllt. Heute steht die 31-Jährige mit ihren Kolleginnen Anita Fricker und Arina Holländer als musikalisches Clowntrio "Theater Dicombo" auf der Bühne.

"Ich will Clown werden", eröffnete Elke Reiter ihren Eltern als 15-Jährige. Als Hobby in Ordnung - doch die Tochter meinte es ernster. Sie versuchte sich im Jonglieren, Einradfahren und Saxofonspielen. Sie stand bei der "Jungen Bühne" des Exhauses das erste Mal als Schauspielerin vor Publikum. Wo immer in Trier ein Zirkus gastierte, Elke war da. "Als der Zirkus Flic Flac seine ersten Touren machte, hatten meine Eltern richtig Angst, dass der Zirkus danach weg ist - und ich auch", erinnert sie sich. Zunächst begann Elke Reiter nach der Schule ein Chemiestudium, das sie zu Gunsten der Kulturpädagogik nach einem Semester tauschte. Der Besuch eines Auftritts von Clownin Sigrid Karnath in Trier weckte das alte Fieber. "Ich hatte mich gerade damit abgefunden, es nicht mehr zu tun", sagt Reiter. Doch als Karnath in Mainz eine Clownschule gründete, war der Weg, sich als Clown auf die Suche nach dem Unsinn des Lebens zu machen, für Elke Reiter klarer als je zuvor vorgezeichnet. Außer den klassischen Gauklertechniken wie Stelzenlaufen, Einradfahren, Jonglage und Akrobatik entwickelte Reiter während ihrer zweijährigen Studienzeit auch ihre eigene Clown-Figur: Whoopi. Das Clownmädchen mit der roten Knubbelnase, den Strubbelhaaren und den viel zu großen Schuhen ist neugierig, staunt auf liebenswert kindlich-naive Art über alles, was sie entdeckt. "Whoopi spricht französisch und ist als eine Wanderfigur und Weltreisende entstanden. Sie kommt aus Marokko, läuft durch die ganze Welt und hat Spaß an allen Dingen, die ihr begegnen." Die Figur sei aus ihr heraus entstanden. "Das kann und darf man nicht trennen", verrät Reiter den Erfolg eines Clowncharakters, der, soll er auf der Bühne funktionieren, keine Kopie anderer Komiker sein darf. "Clowns sind Sammler", sagt Reiter. Nicht nur Requisiten würden aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen. "Ich finde überall etwas zum Beobachten. Es gibt überall Situationen und Menschen, die sich unbewusst komisch verhalten. Die Emotionen und Bilder, die da bei einem selbst ablaufen, muss man speichern." Die Kunst sei es nicht, sich eine grotesk große Nase aufzusetzen und Witze zu machen. "Ein Clown muss Menschen nicht unbedingt zum Lachen bringen, sondern berühren", sagt Elke Reiter, die sich selbst nicht als einen der zahllosen "Kindergeburtstagsbelustiger" oder "Luftballonquäler" sieht. "Ein Clown hat für mich eine Spiegelfunktion: Er sieht Dinge anders, drückt sie anders aus, hält der Gesellschaft den Spiegel vor und bringt den Zuschauer über das Schmunzeln zum Nachdenken." Clown sein hat für sie weniger mit dem klassischen "Dummen August" zu tun. Eher sieht sie sich zwischen Charlie Chaplin, Jim Carrey und auch Comedian Ralf Schmitz, wo sich Körper-Komik, Poesie, Schauspiel, Feinsinniges und große Emotionen verbinden. Nach der Ausbildung und dem Clown-Diplom gründete Elke Reiter mit zwei Mitschülerinnen ihre eigene Truppe, das "Theater Dicombo", zu dem Anita Fricker und seit 2001 Arina Holländer gehören. Das musikalische Frauen-Trio macht seine Clownerien auf der Bühne, tritt aber auch als Stelzenläufer bei Straßenfestivals in ganz Europa auf. Ein stressiger, mit vielen Strapazen verbundener Beruf. "Den Gedanken, alles hinzuschmeißen, gab es schon manchmal." Aber für Elke Reiter ist es seit Jugendtagen die Erfüllung eines Traums, der noch lange nicht zu Ende geträumt ist.

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