Rückkehr als Schatz-Meister

TRIER. Da ist wieder zusammen gekommen, was zusammengehört. Mit 77 Lenzen arbeitet Gold- und Silberschmiede-Veteran Hans Alof wieder dort, wo seine berufliche Karriere begann: im traditionsreichen Haus Lortz in der Fleischstraße/Ecke Kornmarkt.

Ruhestand - diesen Begriff definiert Hans Alof für sich persönlich so: "Ich arbeite weniger als früher und lasse mir mehr Zeit." Aber sich so ganz aufs Altenteil zurückziehen - das kann der 77-Jährige sich nicht vorstellen: "Arbeiten ist für mich ein Lebenselixier." Das hat nicht zuletzt mit den Objekten zu tun, die ihm anvertraut werden. Auf Alofs Werkbank landen Kelche, Monstranzen, Reliquiare und Kreuze von unschätzbarem Wert. "Er ist der Spezialist für den Domschatz", lobt Domkapitular und Schatz-Kustos Franz Ronig (76): "Er hat sich in die mittelalterlichen Techniken hineingedacht und -gearbeitet. Wir würden ungern auf seine Fähigkeiten und Kenntnisse verzichten." Alofs größter Coup: die Restaurierung des um 980 entstandenen Andreas-Tragaltars (auch Egbert-Schrein genannt), die mehrere Jahre in Anspruch nahm. Ronig ist noch heute voll des Entzückens: "So etwas kann nur ein wahrer Meister." Alof ist die Bescheidenheit in Person und käme nie auf die Idee, den großen Filigrankünstler heraushängen zu lassen. Er freut sich lieber still und leise. Immerhin lässt er sich ein "Ja, ich glaube, ich habe das ganz gut hingekriegt" entlocken. Den Beruf des Gold- und Silberschmieds ergriff der gebürtige Siegerländer erst über Umwegen. Alois Funk (1896-1978), von den Nazis 1938 aus Trier in den letzten Winkel des Bistums verbannter Pastor und Paulinus-Chefredakteur, lotste nach Kriegsende den hoch talentierten jungen Alof aus Dermbach an die Mosel. Der heuerte mit bereits bestandener Maschinenschlosser-Gesellenprüfung in der Tasche in der Werkkunstschule am Paulusplatz an und lernte dort Mathilde Lortz kennen. Eine Begegnung mit Folgen. Im Herbst 1948 trat Alof in die Dienste des traditionsreichen Hauses Lortz und trug später seinerseits zum Fortbestand der Dynastie bei. Er heiratete Elisabeth, Tochter von Mathilde und des im Krieg gefallenen Karl Lortz. Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor.Weihbischofs-Stäbe in der Mache

Leonie, mit 32 die Jüngste, verkörpert die sechste in der Schmuck- und Edelmetall-Branche-Branche aktive Lortz-Generation. Sie arbeitet als Goldschmiedin in Berlin. Vater Hans hatte sich 1960 selbstständig gemacht und bald einen überregional guten Ruf erworben als Fachmann für sakrale Kunstwerke. Von ihm gefertigte Kelche, Monstranzen, Ölgefäße oder Hostienschalen finden sich in Gotteshäusern in ganz Deutschland und in Frankreich. Der Trierer Domschatz wird ihn weiterhin beschäftigen. Als nächstes nimmt er sich den Maternus-Schrein vor, ein um 1900 entstandenes Messing-vergoldetes Reliquien-Gefäß, das sichtbar unter Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg leidet. Das Reinigen und Ergänzen fehlender Teile erledigt Alof nicht mehr in der eigenen Werkstatt in der Lindenstraße. Die hat er Ende 2002 in jüngere Hände übergeben, an Kerstin Biesdorf (31). "Meine Frau gewährt mir jetzt freundlicherweise Asyl in ihrer Werkstatt", lächelt der 77-Jährige, und seine Gattin (63) ergänzt ebenso scherzhaft: "Er ist also wieder an den Fleck zurückgekehrt, wo er 1948 seine Lehre begonnen hat. Nur bin diesmal ich sein Chef und nicht mehr meine Mutter." Derzeit arbeitet der an den Ort seiner beruflichen Wurzeln zurückgekehrte Firmensenior an den Bischofsstäben für die beiden neuen Trierer Weihbischöfe. Wenige Meter daneben steht eines seiner "absoluten Lieblingsstücke", eine unscheinbare Messingkanne, an die sich viele Erinnerungen knüpfen. "Die stammt aus dem Material einer amerikanischen Grantenhülse. Ich habe mir in der Nachkriegszeit viele solcher Hülsen aus meiner Heimat schicken und dann im Trierer Walzwerk runterwalzen lassen. Wir hatten ja kein Edelmetall und mussten improvisieren. Unserer Kreativität hat das allerdings nicht geschadet." Die Geschichte der "Granatenkanne" zählt immer wieder zu den Höhepunkten, wenn Alof im Kollegenkreis "von der durchaus guten alten Zeit" berichtet. Zuletzt war das der Fall, als ihm die Handwerkskammer kürzlich den Goldenen Meisterbrief für die vor 50 Jahren abgelegte Meisterprüfung überreichte. Das nächste Jubiläum steht bereits vor der Tür: 2005 ist Elisabeth Alof-Lortz, die elf Jahre lang als Innungs-Obermeisterin agierte, seit vier Jahrzehnten Gold- und Silberschmiede-Meisterin. Und anno 2009 kann die Firma Lortz 175-jähriges Bestehen feiern - wenn nichts dazwischen kommt an just der Stelle, wo sie 1834 begann: Wenige Meter neben dem Kasino an der Ecke Fleischstraße/Kornmarkt. Der für heute angekündigte Bericht über das Heiligkreuzer Brunnenfest erscheint aus technischen Gründen in unserer morgigen Ausgabe.

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