Ruwerer Postbank verabschiedet sich

Trier-Ruwer. "Geld ohne Umwege" – mit diesem Slogan wirbt die Postbank auf ihrer Internetseite. Für treue Kunden des ehemaligen Staatsunternehmens klingt das wie Hohn. Bis vor kurzem konnten sie bequem im "Kleinen Schreiberling" in Ruwer ihre Ein- und Auszahlungen vornehmen. Jetzt werden sie an die Postbankfiliale und den Geldautomaten in der Hauptpost am Hauptbahnhof verwiesen.

Daniela Gehring, Inhaberin des Schreibwarengeschäftes in der Ruwerer Rheinstraße, versteht die Welt nicht mehr: "In zwei Jahren haben wir bei den Postbank-Basisdiensten über 60 Prozent Steigerung gehabt. Kunden konnten mit ihrer Postbankkarte bar auf ihr Konto einzahlen, Geld abheben und Überweisungen tätigen. Oder auch ihre Sparbücher über uns führen." Im Sommer 2004 übernahm sie das Schreibwarengeschäft. Die komfortablen Öffnungszeiten kann sie nur anbieten, weil Schwester und Mutter sie dabei unterstützen. Das Angebot reicht weit über reine Schreibwaren und Zeitschriften hinaus: neben der klassischen Briefpost- und Paketannahme bietet sie auch einen Fotoservice, eine Reinigungsannahme und bestellt Schulbücher für ihre Kunden. Ralf Palm von der Postbank verweist auf das elektronische Banking per Internet, das doch so bequem von zu Hause zu bedienen sei. "Wir haben alle betroffenen Postbank-Kunden angeschrieben und ihnen Alternativen aufgezeigt". Darunter versteht die Postbank den Hinweis auf eigene Geldautomaten, wie sie zum Beispiel an der Hauptpost stehen oder am Kornmarkt. Wer mobil ist und noch Bus oder Auto fahren kann, der könne auch die Verbundautomaten der Cash-Group nutzen. "Natürlich bedauern wir, wenn wir trotz dieser Alternativen Kunden verlieren sollten", sagt Palm. "An die Aufstellung eines neuen Geldautomaten in Ruwer ist nicht gedacht. Wir müssen in den Postagenturen und bei unseren Partnern aufwändige Technik und eine Datenleitung vorhalten, damit jederzeit abgeglichen werden kann, ob das Konto des Kunden gedeckt ist oder nicht." Im Fall Ruwer sei das Aufkommen für das ehemalige Staatsunternehmen zu gering gewesen. Und nicht nur da. Auch die Postbank-Basisdienste in Zewen seien von den Streichaktion betroffen. Ein Ausweichen auf andere Postagenturen wird für die Ruwerer schwer. Auf der Streichliste der Postbank stehen auch Osburg, Waldrach und Kenn. Sie alle sollen jetzt nach Trier fahren. Doch was tun ältere Leute, die kein eigenes Auto haben oder nicht mehr mit dem Stadtbus zum Hauptbahnhof fahren können? "Ich kündige", sagt eine ältere treue Postbank-Kundin aus Ruwer, die nicht genannt werden will. "Wie soll ich an mein Bargeld kommen?" Daniela Gehring will älteren und nicht mobilen Postbank-Kunden notfalls sogar aus der Patsche helfen und für sie Geld an den Automaten in der Innenstadt besorgen. Doch auch für sie geht es nach dem Rückzug der Postbank ans Eingemachte. Die dreistellige Festprovision der Postbank war monatlich fest eingeplant. Noch hofft sie, dass die fast 100 Unterschriften von betroffenen Kunden und verärgerten Ruwerern nach nur drei Tagen ein Umdenken in der Bonner Postbankzentrale bewirken.

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