Schach der Langeweile

MARIAHOF. Der Verein für Kinder- und Jugendarbeit Mariahof stellt seit 1995 einen Jugendtreff auf die Beine. Zwei Jahre lang bietet er jetzt schon in Räumen der Grundschule ein neues, reichhaltiges Angebot, darunter einen Gitarren- und einen Tischlerkurs. Einziges Manko: zu wenig Engagement von Jugendlichen und Eltern.

Sorgfältig beklebt Jenny das Furnierholz mit einem Band und legt dabei konzentriert die Stirn in Falten. Zusammen mit sieben weiteren jungen Mariahofern werkelt sie an einem Schach- und Mühlebrett. "Das Material stiftet uns die Handwerkskammer", erklärt freudestrahlend Kursleiter Ralf Becker, der dort Ausbildungsmeister für Schreiner ist. Die Werkbänke und das Werkzeug konnte der Jugendtreff mit Geld aus dem Ortsbeirats-Budget anschaffen. Neu ab März: Deutsch-Kurse für Kinder

Der Jugendtreff hat noch mehr auf Lager: Wer nach der Hausaufgabenhilfe noch Lust auf Aktivität hat, kann sich beim Jazztanz verausgaben oder sich im Computerkurs in die Geheimnisse von setup.exe und win.ini einweihen lassen. Aufregung pur bieten auch die lange Filmnacht oder der Dreh eines eigenen Videofilms - alles möglich dank der guten technischem Ausrüstung des Jugendtreffs. Auf Freizeiten wie beim Rodeln auf dem Erbeskopf oder auf dem Kölner Weihnachtsmarkt schnuppern die Jugendlichen Luft fern von Mariahof. Ganz neu ist, dass man im Jugendtreff Gitarre spielen lernen kann. Drei nagelneue Gitarren warten auf tatkräftige Saitenzupfer. "Wer ein Instrument spielt, hat ein verbessertes Selbstbewusstsein und Sozialverhalten", weiß Betreuerin und Diplom-Pädagogin Gabriele Balter. Ein weiteres neues Projekt soll Mitte März starten: Ein Deutsch-Sprachkurs für Mädchen und Jungen ab dem Kindergarten-Alter. Diese erfolgreiche Arbeit für die 30 Kinder und Jugendlichen, die jeden Tag den Jugendtreff nutzen, ist der vorbildlichen Eigeninitiative des Vereins für Kinder- und Jugendarbeit Mariahof zu verdanken. Dort zieht man ohne falsche Rücksicht auf Parteigrenzen an einem Strang. Für den Vorsitzenden Jürgen Plunien (CDU) und Vize Uwe Hillen (SPD) ist der Jugendtreff jedoch nicht allein Vorzeigeprojekt. "Der Verein tut fortlaufend etwas dafür, dass das Projekt gut läuft und sich entwickelt", betont Hillen. Weil sich die meisten Angebote an Kinder unter 14 Jahre richten, sind die älteren Jugendlichen manchmal ein bisschen stinkig. Ihnen bleibt oft nur der offene Jugendtreff. Zwar kann man dort ausgiebig klönen, Musik hören und Tischtennis, Dart oder Kicker spielen. Aber einigen ist das zu öde. "Fernsehgucken und Musikhören kann ich auch zuhause", sagt ein 18-Jähriger, der sich mit Freuden oft lieber an der Ladenpassage trifft. Pädagogin Balter kennt diese Erwartungshaltung nur zu gut. "Die Jugendlichen stellen immer nur Forderungen", klagt sie. Eigeninitiative und Selbstverantwortung suche sie vergeblich. Einen alten Kicker zu restaurieren, sei zwar prima gelaufen, aber als es darum ging, eine Disco zu organisieren, "lief alles extrem zäh", bilanziert die Pädagogin. Auch um sich weitere Enttäuschungen zu ersparen, setze sie ihre Energie verstärkt für die Jüngeren ein. Unisono beklagen Balter und der Vereins-Vorstand außerdem, dass auch die Eltern nur indirekt den Jugendtreff "konsumieren", sich aber nicht selbst engagieren. Wenn Jugendliche auf der Straße auffallen, werden regelmäßig Stimmen laut, es werde zu wenig für die Jugend getan. Wenig Engagement von Eltern

Samstags und sonntags ist der Jugendtreff mangels Personal geschlossen. Das könnte sich ändern, wenn sich Eltern fänden, die am Wochenende im Jugendtreff die Aufsicht übernehmen. Wer weiß, vielleicht können sie bei der Gelegenheit auch eine Partie Schach auf einem selbst gebauten Brett gewinnen. Kontakt: Verein für Kinder- und Jugendarbeit Mariahof e.V., Telefon 0651/8242455.

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