Schnitzel und Zigarette?

Die Auslegung des Nichtraucherschutzgesetzes verursacht erhebliche Probleme. Während manche Trierer Gastwirte um ihre Existenz fürchten, gibt es selbst bei Behörden ungewohnten Klärungsbedarf.

Trier. Klaus Möller wirkt enttäuscht und ratlos. "Ich bin seit 20 Jahren Nichtraucher. Aber zwei Drittel meiner Kunden sind Raucher", sagt der Inhaber der Gaststätte Möller in der Gallstraße (Trier-Süd).

Zwar gehört die Kneipe zu den "inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten", in denen nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz das Rauchen gestattet werden darf (der TV berichtete). Doch dann dürften den Gästen "lediglich als untergeordnete Nebenleistung einfach zubereitete Speisen verabreicht werden". Klaus Möller aber serviert mitunter auch Schnitzel, Steak und Schwenkbraten. Das brachte ihm nach der Beschwerde eines Bürgers einen Anruf vom Ordnungsamt der Stadt Trier ein. "Die haben mit bis zu 1500 Euro Strafe gedroht", erzählt der Wirt, der zuvor 20 Jahre die Gastronomie im Südbad betrieben hat. "Nur noch Getränke verkaufen? Dann kann ich dicht machen."

Heiße Würstchen, Rippchen und Sauerkraut



Stammkunde Heinz Morgen schaltet sich in die Diskussion ein: "Die kleinen Familien-Gaststätten, in denen man sich noch wohlgefühlt hat, werden systematisch kaputt gemacht", schimpft der 73-Jährige. Gerade für Senioren sei die Kneipe im Viertel wichtig, auch weil viele sich nicht mehr trauten, abends allein weite Wege zu gehen. Möller bringt etlichen älteren Kunden in der Umgebung das Essen nach Hause.

Doch was sind "einfach zubereitete Speisen"? Der Gerichtshof verweist wie auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier auf Straußwirtschaften. Nach einer Verwaltungsvorschrift sind dort Speisen erlaubt, "deren Zubereitung keine besonderen Fertigkeiten und wenig Zeit und Mühe erfordern". Als Beispiele werden heiße Würstchen, Rippchen mit Sauerkraut und Fertiggerichte einfacher Art aufgeführt. Laut ADD geht es um Speisen, die lediglich erwärmt werden.

"Auch diese Beispiele erleichtern die Beurteilung nicht wesentlich", stellt die Stadtverwaltung auf TV-Anfrage fest. Die Praxis zeige, dass in Straußwirtschaften inzwischen ein breites Spektrum angeboten werde. Eine Rückfrage beim Wirtschaftsministerium habe keine neuen Erkenntnisse gebracht.

Es besteht großer Beratungsbedarf



Die Stadtverwaltung sieht einen "großen Beratungsbedarf wegen der oft verunsicherten Gastronomen" und Probleme für die Mitarbeiter des Ordnungsamts - "mangels klarer Vorgaben".

Klaus Möller überlegt derweil, seine Kneipe je nach Tageszeit als Raucherlokal ohne Komplett-Küche oder als rauchfreies Speiselokal zu definieren. Ob das legal wäre? Auch darauf gibt es derzeit keine sichere Antwort.

Meinung

Vernebelte Rechtslage

Bei allem guten Willen, der aus dem Titel hervorgeht: Das rheinland-pfälzische Nichtraucherschutzgesetz fordert Klagen geradezu heraus und wird die Gerichte deshalb weiter beschäftigen. Der Versuch, es durch komplizierte Konstruktionen (fast) allen Recht zu machen, ist gründlich daneben gegangen. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs hat alles nur noch schlimmer gemacht. Mit dem schwammigen Begriff "einfach zubereitete Speisen" öffnen die Richter unterschiedlichen Auslegungen Tür und Tor. Wenn eine Behörde mit entwaffnender Offenheit die Unzulänglichkeiten bestätigt, muss das zu denken geben. Es kann nicht sein, dass sich Beamte vor Ort mangels klarer Vorgaben auf dünnem Eis bewegen und Wirte keine Planungssicherheit haben. Der Gesetzgeber - der Landtag - muss die ihm vom Gericht auferlegte Pflicht einer Neuregelung schnellstmöglich in Angriff nehmen und es diesmal besser machen. m.hormes@volksfreund.de

EXTRA Schweigende Mehrheit: Die Gaststätte Möller ist bei weitem kein Einzelfall. Etliche Wirte haben mit Umsatzeinbußen zu kämpfen und sind verunsichert wegen der unklaren Bestimmungen zum Nichtraucherschutzgesetz. Viele Fragezeichen gibt es etwa bei Schnellrestaurants, Bistros und Eiscafés. Öffentlich genannt werden wollen die Betroffenen jedoch meist nicht, um sich keinen zusätzlichen Ärger mit den Behörden einzuhandeln. (cus)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort