Schon der Vater war Kapitän

Jean Herrig wurde auf dem Binnenschiff groß, zumindest verbrachte er einen Großteil seiner Kindheit dort - und damit auf Mosel, Saar, Rhein und anderen Flüssen. Da lag es nahe, dass er in die Fußstapfen des Vaters trat: Beruf Binnenschiffer. Heute fährt der Luxemburger als Kapitän auf dem "Edel-Kreuzer" MS Princesse Marie- Astrid.

Trier/Grevenmacher/Mertert. Weniger angenehme Arbeitsplätze als der von Jean Herrig (51) gibt es mit Sicherheit viele. Der Luxemburger genießt eine super Rundumsicht, es ist angenehm ruhig, der Boden mit Teppich ausgelegt und alles hört auf sein Kommando. Letzteres nutzt Jean Herrig eigentlich nie aus. Aber: Die Hierarchie auf einem Schiff will es nun mal so. Einer muss schließlich das Sagen haben - und das ist kein anderer als der Kapitän. Mit sicherer Hand steuert Herrig das schiffsmäßige Aushängeschild unserer luxemburgischen Nachbarn in und durch die Schleuse. Die paar Zentimeter, die rechts und links bleiben zwischen Schiff und Schleusenkammer, verlangen äußerste Konzentration. Synchron steuern will gelernt sein. Die zwei je 500 PS starken Dieselaggregate gilt es an dieser Stelle zu bändigen. Falls erforderlich, kann der Kapitän das 60 Meter lange Schiff auch seitwärts manövrieren. Präzisionsarbeit. Für den erfahrenen Schiffsführer Alltagsgeschäft. Auf dem modernen Fahrgastschiff (Baujahr 2000) ist es fast wie auf einem Traumschiff auf hoher See. Ein Unterschied vielleicht: Der Kapitän lädt nicht zum Dinner bei Tagesausflügen. Auf Luxemburger Seite fährt die Marie-Astrid bis nach Schengen; auf deutscher bis nach Bernkastel. Auch die Saar wird befahren mit Anlege-Stationen in Saarburg und Mettlach. Begonnen hat die Kapitäns-Laufbahn des Luxemburgers mit Wurzeln in Trier und Umgebung als Frachtschiffer. "Dabei habe ich alle Wasserstraßen befahren - mit Ausnahme der Donau", erklärt Jean Herrig. Sein Kapitänspatent erwarb er 1983. Schon die Eltern (stammen aus Trier-Ruwer) waren Binnenschiffer im selbstständigen Unternehmen. Über seinen Ur-Ur-Ur-Großvater weiß Jean Herrig, dass dieser seinen Kindern Schiffe baute, mit denen Mosel und Saar befahren wurden. Bei dieser Vorgeschichte lag es auf der Hand, dass auch Herrig den Weg als Binnenschiffer einschlagen würde. "Zwar bin ich in der Stadt Luxemburg geboren, aber schon mit zehn Tagen brachten mich meine Eltern aufs Schiff. Ziel: Belgien." Seine Schulzeit verbrachte Herrig im Internat. "Wenn ich nach langer Zeit dann in den Ferien wieder bei meinen Eltern auf dem Schiff war, habe ich mich wahnsinnig gefreut." Eine Zeit, die er genossen habe. Nur mit Freunden war es - immer auf Tour - etwas schwieriger. "Auch einfach mal raus gehen, um Fußball zu spielen, war bei mir natürlich nicht möglich." Dafür gab es Erlebnisse, von denen andere Kinder nur schwärmen würden. Seine Weltoffenheit habe er dem vielen Unterwegssein zu verdanken und den Begegnungen mit vielen Menschen und Charakteren. Doch warum in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch so nah: Seine Ehefrau, eine Triererin, lernte Kapitän Herrig auf dem Olewiger Weinfest kennen. "Es gab so gut wie nichts, was wir nicht befördert hätten", erinnert sich der in Mertert lebende Binnenschiffer an seine Zeit als Frachtschiffer, darunter Futtermittel, Eisen, Getreide, Kohle, Sand, Kies und vieles mehr. Honig in Fässern und Edelkarossen

Raritäten gab's auch: Honig in großen Fässern oder zerlegte Edelkarossen der Sternmarke. Darf man den Kapitän auch mal an seinem Arbeitsplatz besuchen? Jean Herrig hat damit keine Probleme. "Kinder sind mir am liebsten. Die fragen immer sehr interessiert." Dabei erfahren die Kleinen beispielsweise, dass die MS Princesse Marie-Astrid auch bei Dunkelheit oder Nebel fahren kann. Denn das noble Passagierschiff mit der luxemburgischen Flagge am Heck ist mit modernster Radartechnik ausgestattet. Die Princesse Marie-Astrid legt regelmäßig am Zurlaubener Moselufer an. Infos bei Entente Touristique de la Moselle Luxembourgeoise in L-6701 Grevenmacher, Telefon: 00352/758275, E-mail: sitg@pt.lu, Internet http://www.moselle-tourist.lu.

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