Schrecken und Hoffnung

TRIER. Das Ensemble von Schauspiel- und Musiktheater hat sich für einen künstlerischen Protest gegen den Irak-Krieg entschieden. Bei einem Vortragsabend erzählten Texte und Lieder vom Schrecken des Krieges. Der Erlös geht an die Unicef.

 Künstlerischer Protest: Lieder gegen den Krieg tragen Ensemble-Mitglieder im Theater-Foyer vor.Foto: Oliver Ruf

Künstlerischer Protest: Lieder gegen den Krieg tragen Ensemble-Mitglieder im Theater-Foyer vor.Foto: Oliver Ruf

Musik aus der Konserve begrüßte die Gäste im Theater-Foyer. Die Sinfonie Nr. 7 von Dimitri Schostakowitsch klingt dramatisch: dröhnende Flugzeuge, rollende Panzer, Kanonendonner. Schostakowitsch arbeitete daran in Leningrad, als die Stadt von deutschen Truppen eingeschlossen war und unter mörderischem Artilleriebeschuss lag. Das Stück wurde zum Requiem für die Gefallenen des Krieges. Im Theater Trier eröffnete das Allegretto die Veranstaltung "Worte gegen den Krieg". Kurzfristig hatten sich die Mitglieder des Schauspiel- und Musiktheater-Ensemble zusammen gefunden, um gegen den zweiten Golfkrieg ein Zeichen zu setzen. Sie wählten diesen Vortragsabend als künstlerischen Protest, sangen Lieder und sprachen Texte. Die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern soll die Kinderhilfe der Unicef erhalten.Die Frustration der eigenen Hilflosigkeit

Inspiriert von der neuesten Ausgabe des "Lettre International" bestimmten jene "Sätze zur Weltlage" das Programm, die in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift veröffentlicht sind. "Bedenkt man die menschlichen Kosten, hat noch nie jemand in der Menschheitsgeschichte einen Krieg gewonnen", heißt es zum Beispiel von David Davidar aus Indien. "Nichts frustriert uns so sehr wie unsere eigene Hilflosigkeit", meint Velimir Curgus Kazimir aus Belgrad. Bin Sarkar Ellias schreibt: "Kein Mensch und keine Regierung kann einen Krieg wollen und gleichzeitig behaupten, zivilisiert zu sein." Applaus nach jedem der zwölf Sätze. Demonstrativ versammelten sich die Theaterleute auf dem Podium. Peter Singer sprach den Monolog des Beckmann von Wolfgang Borchert, der von den grausamen Träumen und Schuldgefühlen eines Unteroffiziers erzählt. Nachts erscheint ihm ein Blut schwitzender General, der auf einem Knochen-Xylophon trommelt. "Kriegsminister Rumsfeld hat gestern den Krieg als einen Akt der Humanität bezeichnet", erinnerte Singer im Anschluss. Überhaupt wurden viele Borchert-Texte vorgetragen: Markus Angenvorth las "Die Küchenuhr" und Tim Olrik Stöneberg "Nachts schlafen die Ratten doch". Das gesamte Ensemble rezitierte "Sag nein!"Von Brecht bis Lennon

Dann waren da die Brechtschen Momente, der "Kanonensong" aus der Dreigroschenoper, die "Kriegsfibel", die "Anleitung an die Oberen" und die "Fragen eines lesenden Arbeiters". Erich Kästner hat 1966 das "Letzte Kapitel" verfasst. Die Weltregierung befiehlt darin, die Menschheit mit Giftgas auszulöschen, um endlich Weltfrieden zu erreichen. Nachdenklich machten diese Texte. "Nichts frustriert uns so sehr wie unsere eigene Hilflosigkeit", erklärte Angelika Schmid. Zitiert wurden drei Stellungnahmen aus den Tagen vor dem letzten Irakkrieg, die eines gemeinsam haben: Die Rechtfertigung des Krieges als gottgewollt und heilig. Sie stammen von Ajatollah Khomeini, Saddam Hussein und George Bush senior. Christoph Jung am Klavier und Fips an der Gitarre begleiteten Andreas Scheel, Xavier Moreno, Eva Steines, Florian Burg und Anette Johannson, die hoffnungsvolle Popsongs (John Lennons "Imagine") und düstere Lieder (Johannes Brahms' "Ich wandte mich und sahe an") sangen. Auch der Trierer Tenor Thomas Kießling beteiligte sich. Als Bob Dylans "Blowing in the wind" den Abend beendete, summte auch das Publikum. "Ich will keine großen Erklärungen abgeben", sagte schließlich Oberspielleiter Klaus-Dieter Köhler. "Wir hoffen alle, dass der Krieg bald zu Ende sein wird."

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