Schulen, Tunnel, Paulinus

TRIER. Praxis-Test und Polit-Perspektiven: Das TV -Forum mit den Stadtrats-Spitzenkandidaten bot eine kurzweilige Mischung aus Unterhaltung und Information. Knapp 100 Besucher erlebten den von Dieter Lintz moderierten Abend in der Tuchfabrik.

Wäre es eine Stadtrats-Sitzung - das Gremium könnte ohne wenn und aber tagen. Im Saal und auf der Bühne befinden sich mehr als die Hälfte der 52 Ratsmitglieder der Legislaturperiode 1999-2004. Dazu gesellen sich im Publikum Dutzende weiterer Parteifunktionäre und -aktivisten, die ihren Spitzenkandidaten die Stange halten. Das "normale" Wählervolk ist klar in der Minderheit, und das ist der einzige Wermutstropfen an einem äußerst interessanten Abend. Der Leitende TV -Redakteur Dieter Lintz (45) fühlt 130 Minuten lang den fünf Frauen und Männern auf den Zahn, die in den kommenden fünf Jahren als Fraktionschefs Stadtpolitik machen wollen. Zu Beginn gibt es individuelle Praxis-Tests. Eindeutige Siegerin: Grünen-Vorfrau Lydia Hepke, die es schafft, alle vier Saatkörner-Sorten-Sorten von Tomaten bis Astern zu bestimmen. Anschließend sieht sich die 37-Jährige meist in die Defensive gedrängt von Bertrand Adams (CDU, 50) und Manfred Maximini (UBM, 67), die vehement gegen die "Filz"-Wahlkampagne der Öko-Partei wettern. Bis Adams selber die thematische Bremse zieht: "Das ist mir zu blöd, weil es einfach nicht stimmt." Das sieht SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger (57) anders: "Das ist eine Interpretationsfrage" meint er mit Hinweis auf das City-Parkhaus, bei dem die Stadt "ohne Not" viel Geld verschenkt habe - natürlich gegen den Willen der SPD.Totgesagte Themen kommen wieder

Auch Stefanie Lejeune (37), die nach zehnjähriger Abwesenheit die FDP wieder in den Stadtrat führen will, fragt sich, "wie manche Projekte zustande kommen. Da wird Geld rausgehauen, dass es nur so kracht, aber keiner bringt die Folgekosten zu Sprache". Deshalb wollten die Liberalen für "mehr Offenheit gegenüber dem Bürger" eintreten. Eine Steilvorlage für Maximini, der sogleich das "Wir sagen auch vor der Wahl unbequeme Wahrheiten"-Monopol für seine UBM reklamiert. In wichtigen Punkten herrscht Einigkeit. Alle Forums-Teilnehmer wollen mehr Ganztagsschulen und dem beklagenswerten Zustand der städtischen Schulgebäude zu Leibe rücken. Wo angesichts eines Sanierungsbedarfs von 30 Millionen Euro das Geld herkommen soll, bleibt offen. Apropos unbequeme Wahrheiten: Sollte das Kürenzer Tunnel-Projekt kommen, ist der Stadt-Etat auf Jahre hinaus geplündert, warnt Friedel Jaeger. Manfred Maximini beharrt jedoch auf der "versprochenen" Verkehrsentlastung seines Heimatstadtteils. Flagge zeigt die FDP beim Thema Verkehrsanbindung: "Wir setzen weiter auf den Mosel-Aufstieg und Ein anderes totgeglaubtes Vorhaben wird von Jaeger verbal reanimiert: der Petrisberg-Spurbus: "Da läuft derzeit die Wirtschaftlichkeitsberechnung. Wir werden das Thema noch heiß diskutieren." Reichlich Diskussionsstoff bietet auf Wunsch des Publikums in der Tufa der real-existierende Öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV). Der sei so schlecht nicht, meint die FDP-Spitzenfrau im Einklang mit den männlichen Kollegen, die zudem eine Bekenntnis Pro-Regionalbahn ablegen, derweil Lydia Hepke ganz radikal "Preise runter, Takte rauf" fordert. Zur Hochform läuft die Ober-Grüne beim unvermeidlichen Thema Paulinus-Center auf. "Das wird ein Einkaufs-Sack und keine Enkaufs-Passage", prophezeit sie und zieht durch permanente Einwürfe vor allem Maximinis Zorn ("Frau Hepke, Sie sind sehr undiszipliniert") auf sich. Je lauter es auf der Bühne zugeht, um so mehr Freude kommt im Publikum auf. Bertrand Adams bleibt ganz cool, um dann doch noch einmal energisch zu werden: Es könne doch nicht sein, dass Einzelhändler und Handwerksbetriebe es so schwer in Trier hätten - ein Plädoyer für niedrigere Ladenmieten und den Handwerkerpark in Feyen. Den Schlussapplaus darf jeder Podiums-Protagonist für sich beanspruchen. Alle haben sich gut verkauft, verloren hat keiner. Wer der Gewinner ist, das werden die Trierer Wählerinnen und Wähler bei Urnengang am 13. Juni bestimmen.

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