Schutz für das geschrumpfte Trier

TRIER. Ein Bauwerk aus dem Mittelalter, das Trier sicher machen sollte – klarer Fall: "Stadtmauer" lautet des Bilderrätsels Lösung. Im Fokus unseres Erkenn-Spiels stand das Stadtbefestigungsrelikt, das in der oberen Kaiserstraße direkt an die Kaiserthermen anschließt.

Trier und seine Stadtmauern, das ist eine Wissenschaft für sich. Bereits fast 200 Jahre alt war die Römerstadt Augusta Treverorum, als sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts erstmals eine steinerne Rundum-Befestigung erhielt. Sie umschloss mit einer Länge von 6,4 Kilometern eine Fläche von 285 Hektar. Römerstadt zerfällt nach der Antike

Die Ausführung: wahrhaft monumental. Die Mauer acht Meter hoch und vier Meter stark, dazu kamen 47 Türme, zwei gigantische Torburgen, das vermutlich nicht minder gewaltige Brückentor an der Römerbrücke und als spätantike Zutat im 4. Jahrhundert eine weitere Torburg ("Porta Alba") im heutigen Stadtteil Heiligkreuz. Um das Jahr 400 begann der Stern Triers rapide zu sinken. Kaiser samt Hofstaat und Truppen und viele andere, die es sich leisten konnten, zogen sich in sichere südliche Gefilde zurück. Die zunehmend entvölkerte Metropole musste mehrere Zerstörungen durch Germanen über sich ergehen lassen. Die Mauer bot keinen Schutz mehr, da es an Personal mangelte, sie wirkungsvoll zu besetzen. In den folgenden Jahrhunderten zerfiel die mächtige Stadtbefestigung immer mehr. Von "Stadt" ließ sich im frühen Mittelalter auch nicht mehr sprechen. Trier, in besten Zeiten mit 60 000 Einwohnern die größte Stadt nördlich der Alpen, bestand nur noch aus einigen kleinen Siedlungen, Klöstern und mittendrin dem Dom als einzige noch funktionierende Institution, die aus der Antike übrig geblieben war. Im 10. Jahrhundert verfügte wenigstens die Domstadt über eine eigene Befestigung (Ludolf'sche Mauer oder Helenenmauer genannt), während das endlich wieder aufblühende und wachsende Trier weiterhin schutzlos blieb. Erst Erzbischof Poppo (1016-1047) und sein Nachfolger Eberhard (1047-1066) nahmen eine umfassende Befestigung in Angriff, die aber erst unter Albero von Montreuil (1131-1152) und Arnold von Isenburg (1242-1259) vollendet wurde. Die Trierer griffen für die Fertigstellung des Generationen-Projekts tief in die Tasche. Laut einer Urkunde von 1248 entrichteten sie vier Jahre lang eine Art "Aufbausteuer". Die Mittelalter-Stadtmauer umgab eine Fläche von knapp 1,4 Quadratkilometern - weniger als die Hälfte der ummauerten römischen Stadt, deren kompletter Süden vor den Mauern des "neuen" Triers blieb. Sie zementierte das Siedlungsgefüge für viele Generationen. Erst im 19. Jahrhundert sprengte Trier sein zu eng gewordenes Korsett und verleibte sich die Vororte ein. Die längst überflüssig gewordene Mauer, deren Verlauf heute im Alleenring ablesbar ist, verschwand noch vor 1900 weitgehend von der Bildfläche. Nur an einigen Stellen blieben Teile erhalten.In den 60er-Jahren rekonstruiert

Die beiden größten und eindrucksvollsten sind das am Palastgarten/Weimarer Allee (mit der Kastilport als einzigem übrig gebliebenen Tor des zweiten Jahrtausends der Stadtgeschichte) sowie das an die Kaiserthermen-Südseite anschließende Stück, das bei unserem Bilderrätsel der vergangenen Tage im Blickpunkt stand. Dieser zur Südflanke der Mittelalter-Stadtmauer gehörende Abschnitt umfasst zwei halbrunde Türme und wurde in den 60er-Jahren in seinen oberen Teilen wieder aufgebaut. Die Namen der beiden Bilderrätsel-Gewinner (Preis: je 50 Euro) veröffentlichen wir morgen in unserer Wochenend-Ausgabe.

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