Schutz für zarte Seelen

TRIER. Die Eltern haben sich auseinander gelebt. Doch das Kind und das von ihm getrennt lebende Elternteil wollen Kontakt miteinander haben – das geht oft nicht ohne Streit mit dem früheren Partner ab. Hilfe bietet der "Betreute Umgang", der Kindern und Erwachsenen unter Aufsicht auf neutralem Terrain ein konfliktfreies Miteinander ermöglichen soll.

Eine alltägliche Situation: Die Eltern sind getrennt oder geschieden, das einzige Kind lebt bei der Mutter. "Manchmal hat das Kind seinen Vater über Monate oder Jahre nicht mehr gesehen, manchmal noch nicht einmal kennen gelernt", berichtet Ursula Günther, die beim Trierer Kinderschutzbund Projektleiterin im "Betreuten Umgang" ist. Wenn dann das vom Kind getrennt lebende Elternteil - meist ist es der Vater - oder das Kind auf einmal wieder Kontakt zueinander aufnehmen wollen, können diese Begegnungen mitunter sehr problematisch verlaufen. Die zerstrittenen Partner tragen alte Rechnungen vor den Augen des Kindes aus, Gewalt oder Drogen könnten eine Rolle spielen, das Kind wird nicht vereinbarungsgemäß betreut. Wenn Eltern nicht mehr in der Lage sind, einvernehmlich den Umgang zu regeln, können das Jugendamt oder Familiengericht den "Betreuten Umgang" beim Kinderschutzbund anordnen: Das Treffen unter Aufsicht einer Betreuerin auf neutralem Boden des Kinderschutzbunds. Dem gehen zunächst Einzelgespräche mit Diplom-Psychologin Ursula Günther voraus. "Immer mit dem langfristigen Ziel vor Augen, dass die Eltern die Besuche zukünftig alleine hinbekommen", sagt sie. Zunächst werden Regeln aufgestellt. Beispielsweise, dass Alkohol und Rauchen tabu sind oder der Umgangsberechtigte alleine, und nicht etwa mit dem neuen Lebensgefährten, zu dem Treffen mit seinem Kind kommen muss. "Da muss man manchmal ganz rigoros sein", sagt Günther. Durchschnittlich ein knappes halbes Jahr finden die Begegnungen im Kinderschutzbund statt. Es gibt aber auch Fälle, wo sich Vater und Kind zwei Jahre in der Thebäerstraße treffen, dort spielen, basteln oder frühstücken. 23 Familien betreute Günther im Jahr 2004 - Tendenz steigend. Derzeit betreue der Kinderschutzbund viele sehr kleine Kinder, sogar einen Säugling. Die Kinder werden meist von der Mutter gebracht und in die Hände der Betreuerinnen gegeben. Wenn die Eltern restlos zerstritten sind, wird noch eine Pufferzeit eingeplant, damit sie sich nicht treffen und möglicherweise vor dem Kind in Streit oder Handgreiflichkeiten ausbrechen. Nach dem ersten Treffen im Beisein von Günther kommt den ehrenamtlichen Betreuerinnen eine wichtige Funktion zu. Insgesamt neun Frauen, in 40 Stunden dazu ausgebildet, passen bei den Treffen auf, dass "es den Kindern gut geht", brechen den Besuch gegebenenfalls ab - oder leisten Hilfe, wenn der Vater nicht weiß, wie er mit dem Kind umgehen soll. Es dauert lange, bis Kontinuität und Vertrauen aufgebaut sind. Aus Situationen, in denen anfangs die Luft zum Schneiden war, habe sich im Laufe der Zeit wieder Kommunikation und Entspannung entwickelt, sagt Günther. "Für das Kind sind die Kontakte enorm wichtig. Es trägt ja ein Stück Identität der Eltern in sich."

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