Schwächere nicht einfach abhängen

TRIER. (red) "Wir müssen dafür kämpfen, dass die Schwächeren in unserer Gesellschaft nicht einfach abgehängt werden." Mit diesem Appell hat Bischof Reinhard Marx neue Arbeitsmarktkonzepte für Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss gefordert.

Bei der alle zwei Jahre stattfindenen Tagung der Leiter von Förderschulen im Bistum Trier diskutierte der Bischof unter dem Motto "Schule aus - was nun?" über die Frage, welche Chancen gering Qualifizierte auf dem Arbeitsmarkt haben. Es sei nicht hinzunehmen, so Marx, dass Abgänger von Förderschulen ohne Zukunftsperspektiven auf der Straße stünden: "Wenn wir die Schwächeren einfach abdrängen, führt das zu einer Spaltung der Gesellschaft." Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Aspekte. "Arbeit hat auch einen anderen Wert und eine Würde", sprach sich der Bischof für einen eigenen Arbeitsmarkt für Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss aus. Dieser Arbeitsmarkt könne mit Kombilöhnen, Beschäftigungsgesellschaften oder öffentlich geförderter Arbeit geschaffen werden. Nur solche Instrumente könnten die aktuelle Entwicklung zu stoppen, die viele junge Leute zu Verlierern mache. Das zu ändern, sei von öffentlichem Interesse. Marx: "Sonst wird unsere Gesellschaft so, wie wir sie uns ganz bestimmt nicht wünschen." Wie wichtig der geforderte Arbeitsmarkt wäre, zeigten die Erfahrungen der Tagungsteilnehmer. "Der freie Arbeitsmarkt braucht unsere Schüler nicht", machte ein Förderschulleiter deutlich. Ein anderer schilderte, wie ihn ein Schüler gefragt habe, warum sich die Schule überhaupt um ihn kümmere. "Ist doch zwecklos, Mathe vier, Deutsch vier, das heißt doch sowieso Hartz IV", habe der Schüler gesagt. Damit Förderschüler überhaupt noch Perspektiven hätten, forderten die Tagungsteilnehmer auch eine Reform der Unterrichtsgestaltung. Es könne nicht oberste Maxime sein, Ausbildungsplatzfähigkeit zu erreichen, sagte Hubert Weis, bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier zuständig für Förderschulen. Vielmehr müsse Arbeitslehre zum "zentralen Thema" in den Förderschulen werden. "Wir müssen raus aus dem getakteten Unterrichtsalltag und der Fächerorientierung hin zur praktischen Lebensvorbereitung", forderte Weis eine konkrete Vorbereitung auf den Arbeitsalltag. Als ein Modell nannte er die Zusammenarbeit der Trierer Medard-Schule mit der Benediktinerabtei St. Matthias und dem Josefsstift in einem "Arbeitsweltprojekt". Dort arbeiten Förderschüler seit 2001 unter Aufsicht beispielsweise im Klostergarten oder in der Küche. Es habe sich gezeigt, dass diese Arbeit den Schülern helfe, Werte zu übernehmen und Kompetenzen zu erlangen. Bereits zu Beginn der Tagung hatte Prälat Herbert Hoffmann, Leiter der Bistums-Abteilung "Schule und Hochschule", betont, dass es eine "schmerzliche Erfahrung" für junge Menschen sei, nicht gebraucht zu werden oder sich gar als unerwünscht zu fühlen.

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