Sechs Experten, zwei Meinungen

Der Stadtrat hat sich am Mittwochabend in einer viereinhalbstündigen Sondersitzung im IHK-Tagungszentrum mit der geplanten Investition der Stadtwerke (SWT) in ein Kohlekraftwerk in Hamm befasst. Sechs Experten versorgten die Kommunalpolitiker mit detaillierten Informationen.

Trier. 12,6 Millionen Euro wollen die Stadtwerke ausgeben, 80 Prozent davon kreditfinanziert, um für 20 Jahre einen Anteil von einem Prozent an dem Kohlekraftwerk zu erwerben. Bauherr ist das RWE. Rund 13 Prozent des Trierer Strombedarfs könnten damit gedeckt werden. SWT-Vorstand Olaf Hornfeck beschrieb die Pläne seines Unternehmens mit den Worten "Das Eine tun, ohne das Andere zu lassen". Damit spielte er darauf an, dass die Stadtwerke auch auf regenerative Energien setzen, wie von vielen Protestlern im Vorfeld der Veranstaltung gefordert - aber eben nicht ausschließlich. Kohle als fossiler Brennstoff sei für die Stromerzeugung noch längere Zeit notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auch betriebswirtschaftlich sei die Investition vorteilhaft für die Stadtwerke und damit für die Trierer Bürger, denn man mache sich ein Stück weit unabhängig von der Leipziger Strombörse und den von dort vorgegebenen Strompreisen. Außerdem falle eine jährliche Rendite von acht Prozent ab.Demgegenüber vertrat Professor Bernd Hamm von der Uni Trier die Auffassung, Kohlekraftwerke seien eine veraltete Technologie. Die Kohlevorräte seien begrenzt, die Umwelteinwirkungen durch hohe CO{-2}-Emissionen sehr schädlich. Die Klimaschutzziele seien mit dem Bau neuer Kohlekraftwerke nicht zu erreichen. Hamm: "Ich sage vor allem Nein, weil es bessere Alternativen gibt." Man müsse etwa wesentlich mehr Energie sparen. In der Region gebe es allein 200 000 Gebäude, von denen 80 Prozent Einsparpotenzial hätten. Hier müsse investiert werden, zum Beispiel durch den Aufbau einer regionalen Energieagentur. Konkrete Projekte, in die investiert werden könnte, benannte Hamm auf Nachfrage nicht.Professor Gunter Schaumann aus Mainz hält es für das größte Problem, dass die Energienutzung "katastrophal schlecht" sei. Während Stefan Peter vom Institut Isusi zu dem Schluss kam, Steinkohle sei keine günstige Option der Stromerzeugung, sondern verursache hohe ökologische und gesellschaftliche Folgekosten, sah Professor Alf Keilen vom Landesministerium für Umwelt, Forsten und Naturschutz das Vorhaben der Stadtwerke im Einklang mit den Zielen der Landesregierung. Das Land befürworte für die nahe Zukunft Kohlekraftwerke. Die Kohle sei eine unverzichtbare "Übergangstechnologie auf dem Weg in eine solare, strombasierte Effizienzwirtschaft".Am Ende einer Fragerunde, bei der die Stadtratsmitglieder sich mit den Fachleuten auseinandersetzten, konnten sich Bürger an die Experten wenden. Die Entscheidung über die Investition fällt im Aufsichtsrat der Stadtwerke, voraussichtlich im Dezember. Zuvor wird der Stadtrat entscheiden, wie seine Vertreter im Aufsichtsrat abstimmen sollen. Meinung Es mangelt an Alternativen Gegner und Befürworter der geplanten Stadtwerke-Investition sind sich prinzipiell einig: Kohlekraftwerke setzen auf einen zur Neige gehenden Brennstoff, verpesten die Umwelt und sind deshalb abzulehnen. Die Frage ist nur, ob sich der Strombedarf bereits heute zu einem für die Verbraucher akzeptablen Preis komplett durch andere Energien decken lässt. Das ist nicht der Fall, wie SWT-Chef Hornfeck kompetent verdeutlicht hat. Erst recht nicht, seit der Beschluss zum Ausstieg aus der Kernkraft gefallen ist. Für die Stadtwerke ist die Beteiligung in Hamm zwar kein ideales, aber ein gutes Geschäft. Zumal es an echten Alternativen mangelt. f.giarra@volksfreund.de

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