"Selbst der Neuntöter bleibt ungestört"

Klimaveränderungen und die Zerstörung von Lebensräumen seltener Vögel befürchten Kritiker des geplanten Kenner Solarkraftwerks. Doch ein Gutachten besagt, dass die 30 Hektar große Anlage keine negativen Folgen habe. Mit einem neuen Fußweg und durch die Verkleinerung der Modul-Fläche sollen außerdem den Belangen von Spaziergängern Rechnung getragen werden.

Trier-Ruwer/Schweich. Die Gemeinde Longuich hatte das Rioler Ingenieurbüro Sonntag mit dem Gutachten zur geplanten Solaranlage auf der "Kenner Sang" beauftragt. Egbert Sonntag wiederum hat mögliche klimatologische Folgen vom Trie rer Universitäts-Professor und Umweltmeteorologen Günther Heinemann untersuchen lassen. Die Auswirkungen auf die Tierwelt prüfte ein externer Wissenschaftler. Die seit einigen Tagen vorliegenden Ergebnisse entkräften laut Sonntag die Argumente der Kritiker."Das Gutachten sagt eindeutig, dass es nicht zu Klimaveränderungen kommen würde", erklärt Sonntag, "lediglich auf dem Gelände der Anlage gibt es Abweichungen im Mikroklima - die man allerdings immer hat, wenn man eine solche Fläche verändert, zum Beispiel auch durch Aufforsten."Die Befürchtungen, dass sich die Anlage aufheize und ähnlich einem Grill Wärme abstrahle, seien unbegründet. "Das ist nicht wie bei einem Glaskeramik-Kochfeld, das mit externer Energie aufgeheizt wird. Bei einer Solaranlage wird lediglich das ohnehin auf die Erdoberfläche auftreffende Sonnenlicht umgewandelt." Wie wenig sich die Module erwärmten, beweise die bestehende Anlage in Longuich: "Dort wachsen zwischen den Solarflächen Pflanzen durch - was nicht passieren würde, wenn es dort unnatürlich warm wäre."Auch der Wasserhaushalt des Bodens würde sich nicht negativ verändern: "Im Vergleich zum blanken Acker verbessert sich der Wasserhaushalt sogar, weil der Boden begrünt wird und so Wasser besser speichern kann." Weil die Module lediglich 80 Zentimeter breit seien, könnte Regen gleichmäßig abtropfen, von einer großflächigen Versiegelung könne daher nicht die Rede sein.Der Lebensraum für Tiere und Pflanzen verändere sich ebenfalls eher zum Positiven: "Zum Beispiel bietet ein Acker für die meisten Kleinsäuger keine Rückzugsmöglichkeiten, die Anlage mit begrüntem Boden darunter dagegen schon", erklärt Sonntag. Lediglich der Feldhamster bevorzuge Ackerfläche, "aber der Feldhamster kommt auf der Kenner Sang sowieso nicht vor." Kiebitz und Wachtel, um deren Lebensräume die Bürgerinitiative fürchtet, seien nicht gesichtet worden. Obwohl Bürger dort Stockenten fotografiert hätten, sei das Gebiet auch kein Rastplatz für Wasser- oder Zugvögel. Eine seltene Art habe der Ornithologe allerdings tatsächlich entdeckt: den Neuntöter. "Der Lebensraum dieses kleinen Zugvogels ist allerdings nicht der Acker, sondern die umliegenden Gebüschränder", erklärt Sonntag. Und diese blieben beim Bau der Anlage erhalten.Iris Wiemann-Enkler, Leiterin des Planungsamtes der Stadt Trier, hält die Kenner Sang trotzdem nicht für "optimal geeignet" für eine große Solaranlage. Ihre Stellungnahme zum geplanten Projekt habe die Stadt Trier bei der VG Schweich eingereicht. "Ob unsere Bedenken ausreichend berücksichtigt wurden, müssen wir jetzt prüfen", erklärt Wiemann-Enkler. Neben den Klima- und Naturschutz-Aspekten müssten auch die Anliegen der Ruwerer berücksichtigt werden, die das Gebiet für Spaziergänge nutzen."Wir wissen, dass die Anlage die Naherholung beeinflusst", erklärt Sonntag. "Aber darauf besteht erstens kein Rechtsanspruch, und zweitens haben wir die Anlage bereits von sieben auf sechs Hektar Modul-Fläche verkleinert." Außerdem würde ein Spazierweg neu angelegt, der das Gelände weiterhin vollständig erschließt. "Dazu teilen wir extra die Anlage und führen den beidseitig begrünten Weg in der Mitte durch." TV-Stammtisch Um die Argumente für und wider die geplante Solaranlage zu diskutieren, sind alle Interessierten zum TV-Stammtisch am Montag, 23. Juni, um 19.30 Uhr in das Feuerwehrgerätehaus in Trier-Ruwer eingeladen. Neben Ingenieur Egbert Sonntag stehen Projektleiter Edelbert Bach, die Ruwerer Ortsvorsteherin Monika Thenot, Walther Clüsserath vom Bauern- und Winzerverband und Bürgerinitiative-Sprecher Karl Pickan für Fragen zur Verfügung. Kommen Sie und diskutieren Sie mit!

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