Selbstbewusstsein durch Schauspielen

Über Theaterspiel das Rüstzeug für eine Integration in den Arbeitsmarkt zu erwerben ist Inhalt eines innovativen, von der Nikolaus-Koch-Stiftung initiierten und finanzierten Projekts des Theaters Trier. Junge arbeitslose Erwachsene erarbeiten "Die Räuber" als zeitgemäß übersetzte szenische Collage und lernen ihre persönlichen Ressourcen kennen. Ihr Stück hat am 28. November Premiere.

 In der künstlerischen Arbeit an Schillers „Die Räuber“ haben junge Arbeitslose wichtige Erfahrungen gemacht. Hier eine Probenszene mit Jürgen Ulbricht und Petra Longen. TV-Foto: Anke Emmerling

In der künstlerischen Arbeit an Schillers „Die Räuber“ haben junge Arbeitslose wichtige Erfahrungen gemacht. Hier eine Probenszene mit Jürgen Ulbricht und Petra Longen. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. (ae) Die Idee eines Theaterprojekts als Qualifizierungsmaßnahme für junge arbeitslose Erwachsene hat bewährte Vorbilder in Hannover und Hildesheim. In Trier setzt ein solches Projekt nun erstmals das Theater zusammen mit den Partnern Palais e. V., der Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit und der Stadt Trier um. Zurückzuführen ist das Projekt auf eine Initiative der Nikolaus-Koch-Stiftung.

Kerngedanke ist, mit kreativer Arbeit auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten und so den Zugang zu erleichtern. "Bei der Integration in die Arbeitswelt geht es um Basiskompetenzen wie Zuverlässigkeit oder soziales Gruppenverhalten. Die kann man über Theater erwerben", sagt Diplom-Psychologin Sandra Grau vom Palais e.V. Der Verein bietet den Teilnehmern bis über das Projekt hinaus auf den Arbeitsmarkt bezogene pädagogische Betreuung, zum Beispiel mit Bewerbertraining. Doch es geht auch um Stärkung der Persönlichkeit, und das leistet die eigentliche Theaterarbeit, die auch Helmut Leiendecker tatkräftig unterstützt.

Uli Bonk, Petra Longen, Vanessa Marschall, Sandra Morgen, Angelina Neubert, Jennifer Stumps und Jürgen Ulbricht haben vor einem halben Jahr begonnen, sich mit dem klassischen Dramenstoff von Schillers "Die Räuber" auseinanderzusetzen.

Ein halbes Jahr mit Schiller bringt Selbstwertgefühl



"Der Stoff schien uns besonders geeignet, weil sich die Motive Revolte und Anpassung, Aufbruch und Resignation sowie die Figuren über eigene biografische Aspekte der Darsteller untersuchen lassen", sagt der für die künstlerische Leitung gewonnene, in München lebende Regisseur Alexander May. Jeden Tag fünf Stunden haben die Sieben seither hoch motiviert mit ihm und den Theaterpädagogen Ingo Fromm und Elke Reiter gearbeitet. Sie haben den in einer Familie entstandenen Konflikten in Schillers Stück nachgespürt und sie auf die heutige Zeit übertragen, als Geschichte zweier Industriellensöhne, die zum Punker und Terrorist werden.

Im Verlauf der Arbeit haben sich die Darsteller selbst reflektiert und Erkenntnisse gewonnen. Jürgen, der in der Gruppe zudem seine "Traumfrau" kennen gelernt hat, sagt: "Mein Selbstbewusstsein ist gestärkt, denn ich musste über meine eigenen Grenzen gehen". Sandra spricht vom "Wow-Effekt", "wenn man anfangs gezittert, sich dann getraut und tatsächlich etwas geschafft hat".

Uli bekennt: "Es ist das erste Mal, dass ich überhaupt arbeite, weil das hier nichts mit Eintönigkeit und Stumpfsinn zu tun hat, sondern Spaß macht". Deshalb hätte der Arbeitstag ruhig acht statt fünf Stunden betragen können, meint Sandra, "wir haben doch eh nichts zu tun". Das kann sich vielleicht bald ändern, denn alle sind sich einig, mehr über ihre persönlichen Stärken zu wissen, mehr Mut zu haben und ihre Neigungen besser zu kennen. "Mein Traum ist die Altenpflege", ist Sandra klar geworden. Jürgen fiebert einem weiteren kreativen Projekt entgegen, das sich aus der theaterpädagogischen Arbeit ergeben hat, der Ausarbeitung eines Märchens als Stück und Kinderbuch.

Doch zunächst werden sie ihre "Räuber" der Öffentlichkeit präsentieren. Die Premiere unter musikalischer Mitwirkung der "Wengert Stompers", Inken Kroger, Christian Mattes, Helmut Matthes und Thomas Wirtz ist am Freitag, den 29. November um 20 Uhr in der Aula der Berufsbildenden Schulen Trier. Ein weiterer Termin: 30. November, 20 Uhr, Karten an der Theaterkasse, Telefon: 0651/7181818.

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