Service im Dschungel

TRIER. Seit zehn Jahren hat Service und Kundennähe im Trierer Rathaus einen Namen: Bürgeramt. Im Oktober 1995 öffnete die Einrichtung mit Modellcharakter für das ganze Land Rheinland-Pfalz zum ersten Mal die Türen. Seither gibt es pro Jahr rund 100 000 Kundenkontakte.

Die Unkenrufe von damals, die der neuen, bürgernahen Trierer Einrichtung nur geringe Überlebenschancen prophezeiten, sind längst verklungen. Die Idee, eine Stelle zu haben, an der Bürger an einem Ort vereint verschiedene Anliegen erledigen können, kostete seiner Zeit 910 000 Mark, etwa die Hälfte davon übernahm das Land. Eine Investition, die sich gelohnt hat. "Die Eröffnung des Bürgeramtes war der erste Schritt zu einer kundenorientierten Verwaltung", sagt Margret Schonert (51), die mit ihren Kolleginnen Cornelia Schröder (46) und Karin Zimmer (53) Frau der ersten Bürgeramtsstunde ist. Seither leitet das Amtsleiterinnen-Trio die Geschicke der Einrichtung. Eine "bedienerfreundliche und auf unsere Belange abgestimmte Software" vereinfachten den Start für das DreierTeam und die Mitarbeiter. Andere rheinland-pfälzische Städte zeigten Interesse an den neuen Strukturen und besichtigten sie vor Ort.Slogan: "Schluss mit der Rennerei"

Früher konnten Bürger in Mittagspause oder nach Feierabend wenig Ämtergänge erledigen, standen häufig vor geschlossenen Türen und mussten lange Wege in Kauf nehmen, um die richtigen Stellen abzuklappern. "Schluss mit der Rennerei" lautete der Slogan, der vor einem Jahrzehnt auf einem Handzettel für das neue Amt warb. Heute bietet das Bürgeramt ausgedehnte Öffnungszeiten, die auch der arbeitenden Bevölkerung die Regelung von Meldeangelegenheiten, das Beantragen von Reisedokumenten, Ausweispapieren und Bescheinigungen ermöglichen, ohne Urlaub zu nehmen. Zwischen 7 und 13 Uhr, an drei Tagen bis 18.30 Uhr sind rund 20 Angestellte für alle Angelegenheiten zuständig. Der wechselnde Dienstplan, den die Mitarbeiter selbstständig aufstellen, und die Rotation der Arbeitsplätze sorge für ein gutes Arbeitsklima, erklären Zimmer, Schröder und Schonert.Angemessener Umgangston

Zwar habe ein Kunde auch schon mal aus Wut eine große Topfpflanze über einen Schreibtisch geschleudert - ein "zum Glück" nicht alltägliches Verhalten. "Manche Leute verwechseln Bürgerfreundlichkeit damit, dass sie glauben, alles und das sofort bekommen zu können." Wunder kann auch im Bürgeramt niemand vollbringen und die Amtsleiterinnen appellieren an einen angemessenen Umgangston. Schwierigen Situationen versuchten alle Mitarbeiter mit Ruhe und Fingerspitzengefühl die Brisanz zu nehmen. "Manchmal kommen Menschen aber auch her, nur um mit jemandem zu reden", berichten die Amtsleiterinnen aus ihrem Berufsalltag. "Viele Leute sind sehr froh, wenn wir ihnen weiterhelfen können." Denn nicht nur Dienst nach Vorschrift sei das Erfolgsrezept in den vergangenen zehn Jahren gewesen. Wenn es brennt, sind Schonert, Zimmer, Schröder und ihr Team auch schon mal bis nach offiziellem Dienstschluss oder sonntags bereit, Ausweispapiere auszustellen, um Menschen Heim- oder Weiterreisen zu ermöglichen. Als letztes Dankeschön einer Reisegruppe, deren Papiere auf dem Weg zum Flughafen gestohlen wurden, und denen das Bürgeramt doch noch auf den Weg in den Urlaub verhelfen konnte, leuchtet nun eine gelbe Rose auf einem der Schreibtische.

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