"Sicher hätte mir das geholfen"

Der Vorstoß des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, älteren Arbeitslosen länger Arbeitslosengeld I zu zahlen, stößt bei Betroffenen und Sozialverbänden in Trier auf Zustimmung.

 ALG II: Wer hier landet, zählt zu den Langzeitarbeitslosen. TV-Foto: Alexander Fischbach

ALG II: Wer hier landet, zählt zu den Langzeitarbeitslosen. TV-Foto: Alexander Fischbach

Trier. Seit einem Monat steht der 50-jährige Michael H. jeden Dienstag und Freitag an der Lebensmittelausgabe der Trierer Tafel an. Er tue dies, um Geld zu sparen, sagt er, denn von 350 Euro im Monat könne man nicht leben. Seit fünf Jahren ist er arbeitslos, nachdem sein Arbeitgeber, ein Malerbetrieb, Pleite gemacht hat. Dort war Michael H. 30 Jahre als Malergeselle beschäftigt. Arbeitslosengeld I gibt es derzeit nur für 18 Monate, danach wird das Arbeitslosengeld II gezahlt, das auf Sozialhilfe-Niveau liegt. "Ich habe gedacht, jetzt bist du ganz unten"

"Ich bewerbe mich laufend, immer noch, habe auch einen Ein-Euro-Job, 20 Stunden in der Woche", sagt Michael H. "Das macht immerhin 80 Euro mehr im Monat." Er wünscht sich eine Stelle, aber er glaubt nicht mehr, dass er in Trier und Umgebung fündig wird.Der arbeitslose Schlosser Martin Sch. erinnert sich gut an den Tag, an dem er zum ersten Mal das Arbeitslosengeld II erhielt: "Ich habe gedacht, jetzt bist du ganz unten." Ein paar Monate später war das Auto weg, weil er es sich nicht mehr leisten konnte. "Ich hätte in Luxemburg arbeiten können, habe aber kein Auto mehr und kann mir, ist doch klar, auch keins leisten. Also war dann auch diese Stelle mal wieder weg. "Michael H. und Martin Sch. begrüßen den umstrittenen Vorstoß von SPD-Chef Kurt Beck, älteren Arbeitslosen länger als bisher das höhere Arbeitslosengeld I zu zahlen. "Sicher hätte mir das geholfen", sagt Martin Sch. "Dann würde ich vielleicht heute in Luxemburg arbeiten."Ältere bleiben länger arbeitslos

So wie den beiden Trierern geht es vielen älteren Arbeitslosen in der Region. Von den 12 000 Arbeitslosengeld-II-Empfängern im Arbeitsagenturbezirk Trier sind etwa 3000 älter als 50 Jahre. Im Durchschnitt bleiben diese nach Angaben der Agentur für etwa ein Jahr arbeitslos, das ist mehr doppelt so lang wie 35-Jährige. Dies sind Durchschnittswerte. Zahlreiche Ältere bleiben wesentlich länger arbeitslos und müssen mit dem knappen Arbeitslosengeld-II-Regelsatz von 347 Euro zum persönlichen Bedarf zurechtkommen. Miete und Krankenversicherung werden von den Sozialkassen übernommenBernd Baumgarten, Leiter des Diakonischen Werks Trier, berichtet, Arbeitgeber zierten sich oft, ältere Menschen einzustellen. Zum einen sei das Lohnniveau und damit auch das Abgabenniveau höher, zum anderen werde immer noch mit verminderter Leistungsfähigkeit älterer Menschen argumentiert. Übersehen werde dagegen die größere Routine und Gefestigtheit.Auch gut qualifizierte Fachkräfte und Hochschulabsolventen fänden sich unter den Langzeitarbeitslosen, sagt Baumgarten. "Dennoch trifft gerade ältere, wenig qualifizierte Menschen die Arbeitslosigkeit besonders hart, und sie wieder in ein geregeltes Arbeitsverhältnis zu integrieren, ist äußerst schwierig." Die beruflichen Kenntnisse, die diese Menschen vor 20 oder 30 Jahren erworben hätten, reichten heute nicht mehr aus, analysiert Baumgarten. Deshalb hält er eine verlängerte Arbeitslosengeld-Zahlung auch nur in Verbindung mit weiteren qualifizierenden Maßnahmen für sinnvoll. Alles andere, sagt er, sei nur Kosmetik an der Hartz-Gesetzgebung.

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