Sie lernen was, wissen was, wollen was…

Über den Sport leichter in den Beruf - so die ungewöhnliche Idee eines Trierer Pilotprojekts für junge Arbeitslose. Bereits einen Monat vor seinem Ende zeigen sich Erfolge.

Trier. Fotografiert werden wollen sie nicht. Zu schlecht sind die Erfahrungen, die sie in den vergangenen Wochen mit der Presse gemacht haben. "Die wissen nix, die können nix, die haben nix, und arbeiten wollen sie auch nicht", sagt eine junge Frau. So habe der Fernsehbericht sie dargestellt. Ihr und den anderen ist anzusehen, dass sie immer noch wütend sind, wütend und vielleicht verletzt. "Dabei sind wir doch hier, damit wir für die Zukunft eine Chance haben", sagt ein junger Mann.Die beiden gehören zu einer Gruppe junger Menschen, die an einem bundesweit neuartigen Pilotprojekt für Arbeitslose teilnehmen. Der Sportbund Rheinland und die Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit der Stadt Trier (Arge) haben sich zusammengetan, um jungen Arbeitslosen mit ungewöhnlichen Mitteln unter die Arme zu greifen: Sie bilden sie am Sportzentrum Tarforst zum Übungsleiter "Breiten- und Freizeitsport" aus. 135 Stunden umfasst der Lehrgang. Die Kosten, rund 5000 Euro pro Person, übernimmt die Arge. Der Kurs läuft noch bis September, dann sind die Abschlussprüfungen. Auch der Sportbund Rheinland profitiert von der Kooperation: Denn der Bedarf an Übungsleitern in Vereinen ist groß. Die sieben Teilnehmer sind zwischen 23 und 29 Jahren alt. Die meisten haben eine Ausbildung und bereits Arbeitserfahrung gesammelt. Von Motivationslosigkeit kann bei ihnen keine Rede sein. Ein junger Mann mit roter Trainingshose schießt vorbei, schnappt sich den Ball, prescht Richtung Korb, wirft - drin. Jubel der Teamkameraden. Und weiter geht's, bis der Trainer zur Spielanalyse bittet. Seit 8 Uhr morgens sind sie dabei. Erst Theorie, dann bis 18 Uhr die Praxis. Heute Basketball, morgen Geräteturnen. Sportmedizin steht ebenso auf ihrem Programm wie Leitathletik, Trainingslehre, Sportmethodik, Nordic Walking oder Versicherungsfragen.Neue Möglichkeiten werden eröffnet

Der Übungsleiterschein eröffnet den jungen Leute zahlreiche, ganz unterschiedliche und interessante Möglichkeiten: Nordic-Walking-Gruppen anleiten, Kinderturnen betreuen oder an Ganztagsschulen nachmittags Sport anbieten. Der Einstieg laufe meist ehrenamtlich, sagt Fred Meinelt vom Sportzentrum Tarforst. "Oft ergibt sich dann das eine oder andere."Es gehe der Arge um "Integrationsfortschritte", sagt Marita Wallrich. "Das Ehrenamt bietet Chancen für jeden." Durch die Arbeit in Sportvereinen könnten Jugendliche lernen, anderen zu helfen, Verantwortung zu übernehmen und ihre individuellen Stärken ausbauen. Das stärke das Selbstwertgefühl, und die im Ehrenamt geforderten Fähigkeiten seien auch für den Beruf wichtig, sagt Wallrich.Auch für sie ist es überraschend, dass das Pilotprojekt bereits jetzt weit mehr bewirkt hat als "Integrationsfortschritte": Zwei der Teilnehmer haben dank der Übungsleiterausbildung die Aussicht auf eine Lehrstelle als Sport- und Fitnesskaufmann. Ein Dritter hat inzwischen eine kaufmännische Stelle in München gefunden. Und darüber freuen die drei sich sehr."Es wird immer so dargestellt, als hätten Arbeitslose keine Lust zu arbeiten", sagt eine junge Frau empört während einer kurzen Trainingspause. Ihr T-Shirt ist schweißnass, sie ist noch außer Atem. Antriebslose sehen anders aus.

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