Sieg der "Mosel-Rebellen"

TRIER. Aufatmen beim Großen Ring: Die Diskriminierung edelsüßer Riesling-Kreszenzen von Mosel-Saar-Ruwer, hervorgerufen durch die Verabschiedung des Statuts einer privatrechtlichen Klassifikation des Gesamtverbandes Deutscher Prädikatsweingüter, ist vom Tisch.

 Der weltbekannte, jetzt klassifizierte Karthäuserhofberg mit dem idyllisch gelegenen Karthäuserhof im Trierer Stadtteil Eitelsbach. Besitzer ist Christoph Tyrell; als Kellermeister ist Ludwig Breiling tätig.Foto: Josef Tietzen

Der weltbekannte, jetzt klassifizierte Karthäuserhofberg mit dem idyllisch gelegenen Karthäuserhof im Trierer Stadtteil Eitelsbach. Besitzer ist Christoph Tyrell; als Kellermeister ist Ludwig Breiling tätig.Foto: Josef Tietzen

Nachlangwierigen, zähen Diskussionen und Kompromissen auf beidenSeiten haben es die "Mosel-Rebellen" unter Führung ihresVorsitzenden Wilhelm Haag geschafft, dass nicht nur trockeneWeine von Ausnahmerang die Spitze des dreistufigenKlassifikationsmodells (Große Gewächse) bilden, sondern auchedelsüße Top-Kreszenzen. Die edelsüßen Weine ab Prädikat Auslese, die das Klassifikationsstatut erfüllen, waren bislang zwar den Großen Gewächsen gleichgestellt, sollten allerdings weder deren Bezeichnung noch deren Ausstattung ab dem nächsten Jahr tragen dürfen. Diese Verfahrensweise werteten die Mitglieder des Großen Rings als Diskriminierung der edelsüßen Weine von Mosel, Saar und Ruwer und legten Widerspruch ein.

Edelsüß und trocken spielen in derselben Liga

Mit Erfolg. Die herausragenden heimischen Süßweine, die auf dem gesamten Erdball als Spezialität des heimischen Anbaugebietes berühmt sind und mit knapp 10 000 Mark (pro Flasche!) den Preis-Weltrekord für aktuelle Gewächse halten, spielen in derselben Liga wie die der Marke Super trocken - und zu denselben Rahmenbedingungen.

Jetzt wurde das Modell der Ersten Lage an Mosel-Saar-Ruwer in seinen regionalen Ausführungsbestimmungen zum dreistufigen Klassifikations-Status verabschiedet. Wie berichtet, bilden die Guts- und Ortsweine die Basisstufe der Klassifikations-Pyramide, gefolgt von den Klassifizierten Lagenweinen und den Großen Gewächsen. Das Modell der Ersten Lage fügt sich in Bezug auf die strengen Erzeugungskriterien (parzellenscharfe Abgrenzung der Lagen, Hektarhöchstertrag 50 Hektoliter, Mostgewichte mindestens Spätlese-geeignet etc.) in den vom VDP-Bundesverband im vergangenen Sommer verabschiedeten Klassifikationsrahmen ein. Beim Weinstil beachtet es jedoch die speziellen Terroir-(Lagen-)Gegebenheiten an Mosel, Saar und Ruwer. Genau wie die Klassifikation in St. Emilion eine andere ist als im Medoc, so verlangen auch die regionalen Unterschiede in Deutschland unterschiedliche Interpretationen der Klassifikation.

Mit Blick auf den traditionellen heimischen Weinstil legten die klassifizierenden Weingüter von Mosel, Saar und Ruwer fest, dass bei ihren Weinen unter der Bezeichnung Erste Lage das ganze Spektrum von Interpretationen des Terroirs umfasst wird: gehaltvolle, trockene Qualitätsweine (mindestens Spätlese-Qualität beim Ausgangs-Mostgewicht); subtile, leichte Kabinette, fruchtig-elegante Spätlesen und komplexe, edelsüße Auslesen, Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen und Eisweine. Die Klassifizierer Erste Lage legen also klare Geschmacksdefinitionen für die Prädikate fest.

Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund erklärte der Vorsitzende des Großen Rings, Wilhelm Haag, für die heimische Vereinigung von Prädikatswein-Versteigerern sei nach wie vor die Lagen-Klassifikation die wichtigste Einstufung. Die 30 Mitglieder hätten sich auf 41 Lagen beschränkt; die Regelung greife ab dem nächsten Jahr.

Es gibt keine Geschmackskorridore

Danach müssen sämtliche nicht-klassifizierten Rebensäfte als Guts- oder Ortsweine (ohne Lagenangabe) verkauft werden. "In dieser Stufe der Klassifikation", betonte Haag, "gibt es keine Geschmacks-Korridore - von trocken bis edelsüß ist dort jede Ausbaurichtung vertreten."

Mit welcher Ernsthaftigkeit die Mitglieder des Großen Rings ihre (vereinsinterne) Lagenklassifikation umgesetzt haben, lässt sich an der Tatsache festmachen, dass sie in Einzelfällen lediglich Spitzenparzellen (und nicht die gesamte Lage) in ihre Auflistung aufgenommen haben. Etwa die Hälfte der Mitglieder-eigenen Weinlagen fielen damit durch das Raster der vereinsinternen Klassifikation (siehe Übersicht unten). "Damit haben wir als Großer Ring einen Beitrag dazu geleistet, die Vielfalt der Weinbezeichnungen für Freunde unserer Gewächse übersichtlicher zu gestalten", erklärte Wilhelm Haag nicht ohne Stolz.

Die Erfolgsaussichten der Bezeichnung Erste Lage sieht der Vorsitzende hingegen "eher skeptisch" - mit Blick auf die Tradition und auf das Verständnis dafür, dass die Naturweine ihre einzigartige Stellung an Mosel, Saar und Ruwer behalten können und müssen.

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