Silberstreif am düsteren Horizont

TRIER. (DiL) Ungewohntes Bild: Nach jahrelangen Katastrophenmeldungen zeigt der städtische Haushaltsbericht erstmals eine positive Entwicklung. Von einer gesunden Haushaltsführung bleibt die Stadt aber weit entfernt.

Der Chefcontroller der städtischen Finanzen, Edgar Meyer, gehört zu den Besonnenen im Lande. Wenn die Politiker zum großen Jammern anheben, weil die Zahlen wieder mal im tiefsten Keller sind, meidet er Panikmache und setzt auf nüchterne Analyse. Und wenn, wie zurzeit, der Computer erstaunlich gute Werte ausspuckt, dann tritt er rechtzeitig auf die Euphorie-Bremse. Alt-Defizit gesenkt, Zinslasten reduziert, 40 Prozent mehr Gewerbesteuer-Einnahmen als geplant: Da könnte der Gedanke aufkommen, die Sanierung des städtischen Etats schreite mächtig voran, und große bundespolitische Anstrengungen zur Verbesserung der Gemeindefinanzen seien nicht nötig. Ein Irrtum, sagt Meyer knapp: Die netto 6,6 Millionen Euro zusätzliche Gewerbesteuer reichten nicht einmal aus, um die Schuldzins-Lasten der letzten Jahre auszugleichen. "Die Dramatik verlangsamt sich, aber eine grundsätzliche Veränderung ist nicht in Sicht", betont der Kämmerer.Zusatzeinnahmen teilweise durch Nachzahlung

Das sieht sein Chef genau so. Von einem "Lichtstreif" spricht Oberbürgermeister Helmut Schröer, "mehr nicht". Die positive Entwicklung der Gewerbesteuer sei "teilweise noch auf Nachzahlungen aus 2001 zurückzuführen", für eine auf Dauer solide städtische Haushaltsführung biete sie keine Gewähr. Immerhin: Die Altlasten der unausgeglichenen Haushalte der letzten Jahre kann er dank Landeszuschuss und Stadtwerke-Ausschüttung von 123 auf gut 100 Millionen Euro reduzieren. Und die Neuverschuldung im laufenden Haushalt, von Schröer gerne als "operatives Defizit" bezeichnet, wird nicht bei 27, sondern bei 19 Millionen Euro liegen. Die Gewerbesteuer macht's möglich, aber auch die günstigen Zinssätze, die Controller Meyer und seine Leute bei den Banken herauskitzeln. Trier zahlt im Schnitt ganze 2,45 Prozent Schuldzinsen - Schröer nennt das stolz ein "historisch niedriges Zinsniveau", wie es "nur wenige Städte vorzuweisen haben". Aber auch preiswerte Schulden sind Schulden, und es kommen ständig neue hinzu. Schon meldet das Sozialdezernat eine Lücke von 1,7 Millionen Euro. Von "Problemen im Kindertagesstättenbereich" murmelt der OB, und davon, dass die Dezernenten noch einiges tun müssten, um ihre Budgets einzuhalten. Darauf wird wohl auch der Stadtrat verschärft achten. In seiner gestrigen Sitzung machte er mit einer Fülle von Nachfragen deutlich, dass er dem Stadtvorstand trotz der positiven Zahlen genau auf die Finger sieht.

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