Singendes, klingendes Pallien

TRIER-WEST/PALLIEN. In Pallien gibt es kaum noch Vereine, die ihre Ressourcen alleine aus dem Stadtteil schöpfen. Das gilt auch für den Gesangverein, eine der wenigen Gemeinschaften, die zugleich auf eine lange Vereinsgeschichte zurückblickt. Der Weg in die Zukunft allerdings wird immer schwieriger.

"Es gibt hier kein Zentrum, keinen Treffpunkt. Wir haben auch kein eigenes Vereinsheim", sagt Heribert Bisdorf. Seit 1998 ist er der Vorsitzende des Gesangvereins Pallien, in dem sich 30 aktive Sänger noch dem Gründungsgedanken des Chores laut Satzung verpflichtet fühlen: den Chorgesang und die Geselligkeit zu fördern. So halten auch längst aus Pallien in andere Stadtteile verzogene Mitglieder am Gesangverein fest, kommen auch nach Jahren noch immer zu den wöchentlichen Proben. 1876 gründeten zwölf Palliener Männer den Chor, der seither, mit Unterbrechungen durch die beiden Weltkriege, auf eine erfolgreiche Geschichte verweist. Viele Sängerwettbewerbe wurden gewonnen, viele Feste selbst gefeiert und mitgestaltet. Sogar eine Laienspielgruppe gliederten die Palliener ihrem Chor zur Förderung und Bewahrung von Heimat- und Volksspielen sowohl Volkstänzen im Jahr 1927 an. Weibliche Verstärkung bekamen die singenden Männer des bislang unter dem Namen MGV Trier-Pallien bekannten Vereins 1976. Beim Jubiläumsfest zum 100. Geburtstag traten sie gemeinsam auf. Obwohl damals die Mitgliedszahl durch die Öffnung des Vereins für Frauen noch einmal kräftig anstieg, kann der Chor heute kaum noch neue Eintritte verbuchen. Nachdem im Januar vergangenen Jahres Chorleiter Axel Adrian, der das Amt 1988 von seinem Vater Fritz Adrian übernommen hatte, plötzlich verstarb, ruhten die Vereinstätigkeiten. "Das kam für uns alle ganz unvorhersehbar", erinnert sich Heribert Bisdorf. "Nach der Pause war es nicht so einfach, einen neuen Chorleiter zu finden." Weitermachen wollten die Vereinsmitglieder aber dennoch, aus Verpflichtung und als Ehrenbezeugung für die Arbeit und das Engagement, das Adrian unermüdlich in den Dienst des Vereins gestellt hatte. Im Schachclub Pallien wurde der Vorstand schließlich fündig. Dort spielte Guntmar Baudner, Oberstudienrat in Ruhe und Leiter des Kirchenchores in Oberemmel. Ihn konnte der Gesangverein im Mai für die neue Aufgabe und die Nachfolge Adrians gewinnen. "Ich bin froh, dass wir ihn haben. Er passt mit seiner Art zu uns, kann uns gut vermitteln, was er musikalisch von uns erwartet", erklärt Bisdorf. "Guntmar Baudner ist ein Enthusiast, was Musik betrifft. Es ging erstaunlich reibungslos, dass er von allen angenommen und akzeptiert wurde." Professioneller sei die Probenarbeit geworden. Das Repertoire des Gesangvereins ist vielfältig. Neben der traditionellen Chorliteratur, Volksliedern und kirchlicher Musik widmet sich der Gesangverein nun auch Opernchören, Operetten und Stücken bekannter Musicals. Musikalisches Highlight war die Aufführung eines modernen japanischen Chorstückes. Zum Vereinsleben gehören immer noch zahlreiche Auftritte, die jährliche Weihnachtsfeier, die Mitgestaltung von Gottesdiensten. "Wir müssen schließlich ein Ziel haben, für das wir proben", sagt Bisdorf. Jedes zweite Jahr unternehmen die Mitglieder eine gemeinsame Urlaubsfahrt. "Aber es fehlt uns an Potenzial", beklagt Bisdorf das geringe Interesse der Palliener. Bei 15 Euro Jahresbeitrag können es keine finanziellen Gründe für die Zurückhaltung sein. So lädt Heribert Bisdorf alle musikalisch Begeisterten zur kostenlosen Schnupperprobe ein. "Da kann jeder kommen. Noten lesen muss niemand können." Der Gesangverein Pallien probt immer donnerstags ab 20 Uhr im Pfarrsaal Maria Königin, Im Sabel 23.

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