So weit darf die Stadt nicht springen

So nicht, meine Damen und Herren: Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion(ADD) hat den Trierer Haushalt nicht genehmigt und fordert eine Rückführung der Kredite um 3,2 Millionen Euro. Die Reaktionen der Fraktionen reichen von einer ersten Erschütterung bis zum Aufruf zur Revolution.

 Immerhin: Gegen die Sanierung des Südbads hat die ADD nichts, falls Mainz die notwendigen Fördermittel freigibt. TV-Foto: Archiv/Christiane Wolff

Immerhin: Gegen die Sanierung des Südbads hat die ADD nichts, falls Mainz die notwendigen Fördermittel freigibt. TV-Foto: Archiv/Christiane Wolff

Trier. Es gibt wohl keinen wirklich gut geeigneten Zeitpunkt für schlechte Nachrichten. Doch die scharfe Rüge der ADD traf das Trierer Rathaus zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt. Die Landesbehörde hatte sich den Freitag vor dem Pfingstwochenende ausgesucht, um ihre Botschaft loszuwerden. Oberbürgermeister Klaus Jensen - das abgelehnte Werk ist der erste Haushalt in seiner Amtszeit - konnte nur noch mit der Ankündigung reagieren, "in den nächsten Tagen intensive Beratungen in den zuständigen Gremien" zu führen. Der Steuerungsausschuss wird am 5. Juni zu einer Sondersitzung zusammentreten. Der Stadtrat tagt nur noch einmal vor der politischen Sommerpause, und zwar am 29. Mai. Das verspricht eine turbulente Fortsetzung der Haushalts debatte vom Dezember 2007 zu werden. Damals hatte der Rat den Etat gegen die Stimmen der Grünen beschlossen.Die ADD stellt konkrete Forderungen. Die Lücke im Haushalt soll kleiner werden: Die Landesbehörde will eine Verbesserung des prognostizierten Defizits von 27,7 Millionen Euro in Höhe von 1,2 Millionen Euro sehen. Noch härter trifft die Stadt der Einschnitt in den Vermögenshaushalt. Hier fordert die ADD eine Rückführung der Kredite in Höhe von 3,2 Millionen Euro. "Unter diesen Voraussetzungen kann ich weitere schmerzliche Einschnitte und den Abbau von Leistungen nicht ausschließen", sagt OB Jensen.Die Stadt soll noch einmal "alle Möglichkeiten der Konsolidierung auf den Prüfstand stellen", so die ADD und nennt ein konkretes Beispiel: Die Parkgebühren sollen noch einmal auf den Tisch. Im Steuerungsausschuss war dann Schluss

Zur Erinnerung: Mit einer Summe von bis zu 370 000 Euro wollte Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) zur Haushalts-Konsolidierung beitragen, indem sie die seit zehn Jahren unveränderten Gebühren für das Parken unter freiem Himmel um 20 Prozent erhöht. Der Vorschlag flog wie ein Tennisball zwischen mehreren Ausschüssen hin und her - bis er im Dezember vom Steuerungsausschuss gekippt wurde (der TV berichtete). Jetzt kommt die Idee wohl wieder auf die Tagesordnung.Manfred Maximini (UBM) hält die Forderungen der ADD für einen "unberechtigten und katastrophalen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung". Eine derart massive Ablehnung eines Haushalts "habe ich in 40 Jahren Kommunalpolitik nicht erlebt".Friedel Jaeger (SPD) will "in den jetzt anstehenden Beratungen darum kämpfen, dass die Einschnitte, über die wir werden reden müssen, nicht die Trierer Schulen treffen".Gerd Dahn (Bündnis 90/Die Grünen) betont: "Diese Ablehnung ist keine Klatsche für OB Jensen." Sein Entwurf sei durch die "Scheinkonsolidierung in den Dezernaten" stark verändert worden. Mit diesem Argument hatten die Grünen den Etat 2007 als einzige Fraktion abgelehnt.Berti Adams (CDU) meint: "Jetzt ist der Oberbürgermeister in der Realität angekommen." Die Einschnitte im Vermögenshaushalt werden auf Triers Schulen und Straßen zurückfallen. "Jetzt müssen wir nach Kompromissen suchen."Thomas Egger (FDP) sagt: "Der Rat wird entscheiden müssen, ob er dieses Urteil der ADD überhaupt so akzeptieren will." Seiner Ansicht nach hat die Landesbehörde "damit den Bogen überspannt". Meinung Illusion, Witz, Realsatire Die Finanzen von Gemeinden, Kreisen, Städten, Ländern und dem Bund bewegen sich schon lange in Sphären, die jeden Privathaushalt oder Unternehmer entweder in den Schuldturm oder den Wahnsinn treiben würden. Doch momentan wird die Grenze zur Realsatire deutlich überschritten. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion - und damit das Land - rügt die Haushalte des Kreises und der Stadt. Doch gerade durch die immer weiter steigenden Auflagen des Landes und auch des Bundes, allein die Sozialleistungen umfassen Summen jenseits von Gut und Böse, sind die Kommunen in ihre Finanzkrise geraten. Um überhaupt etwas bewegen zu können, müssen sie Geld ausgeben, das sie gar nicht haben - und fangen sich dafür eine Rüge des Landes ein, das entscheidend mit dazu beiträgt, seine Städte in die Pleite zu treiben. Kommunale Selbstverwaltung? Eine Illusion, ein Witz, pure Ironie. j.pistorius@volksfreund.de

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