Sonderrechte abgelehnt: Keine Elektroautos auf Busspuren in Trier

Trier · Elektroautos fahren auf Busspuren und stehen kostenlos auf öffentlichen Parkplätzen: So stellt sich die Bundesregierung den Verkehr ab dem Frühjahr 2015 vor. Kommunen sollen dann die gesetzliche Freiheit haben, die Stromflitzer mit Sonderrechten auszustatten. Stadt, Parteien und Verkäufer in Trier sehen das kritisch.

Trier. Ein Vorführungswagen im Angebot von Thomas Hoff fasziniert die Kunden besonders, die Brieftasche zücken sie nach der Probefahrt aber nie. Der Geschäftsführer des Autohauses Hoff in Trier bietet Neugierigen gerne an, ein reines Elektroauto zu testen. "Die Leute sind begeistert, wie schnell der Wagen beschleunigt. Wenn sie dann aber den Preis und die Reichweite hören, sind sie abgeschreckt", weiß er. Die Stromer seien nämlich gerne mal 8000 Euro teurer als vergleichbare Benziner - und je nach Modell und Fahrweise müssten Fahrer die Flitzer nach etwa 150 Kilometern wieder aufladen. Das vernichtende Urteil von Hoff, wenn es um Verkaufszahlen geht: "Das E-Auto ist bei uns tot."
Nur müde lächeln kann der Verkäufer über das vom deutschen Bundeskabinett abgenickte Elektromobilitätsgesetz, das sowohl reine E-Autos als auch Hybridantriebe (Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor) betrifft. Kommunen sollen von Frühjahr 2015 an die Freiheit haben, Fahrern dieser Wagen Sonderrechte auf den Straßen einzuräumen. Wenn die Gemeinden wollen, dürften die Fahrzeuge dann über Busspuren brausen oder kostenlos auf eigens reservierten öffentlichen Parkplätzen stehen. Stadt und Parteien in Trier wollen die Privilegien für die Stromer aber nicht umsetzen. Und das liegt nicht nur daran, dass gerade mal gut zwei Prozent der zugelassenen Autos in Trier und Trier-Saarburg unter die Regelung fallen würden (siehe Extra).
Besonders der Plan, Busspuren für private Elektrofahrzeuge freizugeben, stößt auf Bedenken. Laut Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadt Trier, sind Busspuren für den öffentlichen Nahverkehr gedacht und keine geeignete Maßnahme zur Förderung der Elektromobilität in Städten. Kritik gibt es auch aus den Stadtratsfraktionen. Deren Mitglieder fürchten parteiübergreifend verstopfte Spuren oder Chaos in den Busfahrplänen. Die Grünen fördern lieber das Vorhaben, noch mehr Busspuren für Radfahrer freizugeben.
Die einzige Partei im Stadtrat, die das Konzept der Bundesregierung lobt, ist die CDU. Zwar weist der verkehrspolitische Sprecher Thomas Albrecht darauf hin, dass der Busverkehr nicht beeinträchtigt werden dürfe. Aber: "Wir könnten uns vorstellen, verstärkt in Trier sogenannte Umweltspuren einzurichten, auf denen Busse, Fahrräder und Elektroautos fahren dürfen."
Albrecht befürwortet ebenso die Idee, in Trier kostenfreie Parkplätze für die Stromer anzubieten. Sein Argument: "Elek trofahrzeuge sind umweltfreundlich, sie verursachen keinen Lärm, verunreinigen nicht die Luft und können die lokale Stromerzeugung durch die Stadtwerke effektiv nutzen." Die weiteren Stadtratsfraktionen lehnen eine Sonderbehandlung der E-Autos beim Parken ab. Martin Neuffer (FDP): "Trier als überregionale und internationale Einkaufs- und Besucherstadt sollte die ohnehin schon mehr als bedenkliche Parkraumsituation in der Innenstadt nicht durch weitere Beschränkungen verschärfen."
Händler Thomas Hoff sieht ohnehin nicht die Kommunen in der Pflicht, um dem E-Auto wieder Schwung zu verleihen: "So lange vom Staat kein Geld bereitgestellt wird, um den Kauf von E-Fahrzeugen schmackhaft zu machen, werden die Wagen nicht nach vorne getrieben."Meinung

Kommunen werden zu Sündenböcken
Keine Extrawürste für die E-Auto-Besitzer! Die Stadt Trier und die Parteien handeln vollkommen richtig, wenn sie Inhalte des Elektromobilitätsgesetzes ablehnen. Die Bundesregierung macht sich das Leben denkbar leicht. Sie formuliert weltfremde Ziele. Bis 2020 sollen eine Million Stromer durch Deutschland düsen. Gerade mal 24 000 sind es heute. Anstatt selbst in Vorleistung zu treten und den Kauf von E-Autos finanziell zu fördern, wälzt das Kabinett die gesamte Verantwortung auf die Kommunen ab. Mit freier Fahrt auf den Busspuren und kostenlosen Parkplätzen will sie Menschen für Elektrowagen begeistern. Die Ideen sind absurd: Ein echter Anreiz für Käufer fehlt, der öffentliche Nahverkehr wird behindert, von den Regelungen profitiert nur eine Handvoll Verkehrsteilnehmer. Der Bund lässt die Kommunen im Stich. Das Traurige daran: Ausgerechnet sie laufen Gefahr, bei einem Scheitern des E-Autos für ihre konsequente Ablehnung später noch als Sündenböcke abgestempelt zu werden. f.schlecht@volksfreund.deExtra

194 000 Fahrzeuge sind in der Stadt Trier und dem Kreis Trier-Saarburg zugelassen. 410 Fahrzeuge, darunter 332 Hybridwagen, sind mit einem Elektroantrieb ausgestattet. Unabhängig von der Kritik am Elektromobilitätsgesetz fördern die Stadtwerke Trier (SWT) E-Autos mit einem Ladestationssystem. Im Erdgeschoss des City-Parkhauses (Zuckerbergstraße) können Fahrer ihren Wagen kostenlos mit Ökostrom aufladen. Weitere öffentliche Elektrotankstellen befinden sich im Parkhaus Ostallee, auf dem Parkplatz des SWT-Kundenzentrums an der Ostallee und auf dem Parkplatz Augustinerhof. flor

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