Sozialausgaben sprengen Etat

TRIER. Trotz einer zu erwartenden Rekordeinnahme bei der Gewerbesteuer und günstigen Kreditkonditionen kann die Stadt Trier 2006 und 2007 ihren Haushalt bei weitem nicht ausgleichen. Bei der Einbringung des Doppel-Etats gestern Abend im Stadtrat machte Oberbürgermeister Helmut Schröer dafür strukturelle Defizite verantwortlich.

Die Bugwelle an Fehlbeträgen, die die Stadt Trier vor sich herschiebt, wird immer höher. Für den Haushalt 2006 ist ein Minus von 31 Millionen Euro prognostiziert, für 2007 sind es 33 Millionen Euro. Mit Alt-Fehlbeträgen aus den Folgejahren türmt sich ein gigantisches Minus von 196,7 Millionen Euro auf. "Die kommunale Selbstverwaltung steht nur noch auf dem Papier", so die resignierende Feststellung von Schröer in seiner Haushaltsrede. Die Städte übernähmen immer mehr Aufgaben von Bund und Land, ohne eine entsprechende Finanzausstattung zu bekommen. Dabei konnte das Stadtoberhaupt den Räten durchaus positive Eckdaten aus dem umfangreichen Zahlenwerk präsentieren: Die Gewerbesteuer fließt so üppig wie noch nie: 2005 werden 38 Millionen Euro erwartet, in den beiden Folgejahren etwa genau so viel. Weiterer Pluspunkt: Die günstigen Zinsen. Sie werden laut Schröer dank eines effektiven Kreditmanagements kontinuierlich ausgelotet und sparten so dem hoch verschuldeten Oberzentrum alleine 2005 über eine Million Euro. Doch wie gewonnen so zerronnen: Die Sozialkosten, das sind in erster Linie Mittel für Sozialhilfe und Grundsicherung, stiegen exorbitant: von sieben Millionen Euro 1980 auf 34 Millionen Euro (prognostiziert jeweils für 2006 und 2007). Hartz IV, laut OB eigentlich als Entlastung für die Städte gedacht, habe der Stadt Trier tatsächlich eine Mehrbelastung von 2,2 Millionen Euro aufgebürdet. Mit Ausgaben von jeweils über 40 Millionen Euro sprenge der Sozialetat den gesamten städtischen Haushalt, bemerkte der Oberbürgermeister. Das Defizit habe strukturelle Gründe. So lange eine Kommune trotz aller Sparbemühungen und Vermögensveräußerungen nicht einmal ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben finanzieren könne, kranke das ganze System. Städte und Gemeinden aus Rheinland-Pfalz erwägen laut Schröer eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof. In Thüringen hatten die Gemeinden bereits erfolgreich auf eine Mindest-Finanzausstattung durch das Land geklagt.Künftig nur noch vier statt fünf Dezernate?

Auch auf die Verwaltung kommen höhere Kosten zu, denn sie muss bis zum 1. Januar 2008 auf die doppelte Buchführung (Doppik) umsteigen. Dieser gravierende Umstellungsprozess biete jedoch auch die Chance zu weiteren Konsolidierungen innerhalb der Verwaltung, sagte Schröer. Ämterzuordnungen und Aufgabenzuständigkeiten müssten hinterfragt werden, ebenso wie die Führungsstruktur. Baudezernent Peter Dietze habe bereits angekündigt, 2007 mit 65 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Schröer schlug dem Rat vor, mit der Etatverabschiedung im Februar 2006 auch eine Änderung der Hauptsatzung zu beschließen, die eine Reduzierung der Geschäftsbereiche von fünf auf vier vorsieht.

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