Spannende Einblicke bis in die Frühphase Triers

Trier · Selten können Archäologen in Trier so lange auf einem so großen Areal graben. Das Landesmuseum untersucht noch bis Herbst 2015 ein 1800-Quadratmeter-Grundstück in römischer "Filetlage". Die ersten Erkenntnisse sind sehr vielversprechend.

Spannende Einblicke bis in die Frühphase Triers
Foto: Roland Morgen
Spannende Einblicke bis in die Frühphase Triers
Foto: Roland Morgen

Die Ingenieure der alten Römer waren clever. Wenn sich aus einem Projekt mehrfach Nutzen ziehen ließ, dann ließen sie sich die Gelegenheit nicht entgehen. Als sie vor 2030 Jahren die Stadt Trier konzipierten, bedurfte es links der Mosel in Höhe Pallien einer neuen Straßenverbindung. Den Platz dafür schufen sie, indem sie den Sandsteinfelsen, der damals bis an den Fluss heranreichte, abtrugen. Den Abraum, eigentlich Schutt, verwendeten sie als Schotterunterbau für das Straßennetz der entstehenden Augusta Treverorum. Transportiert wurde der Palliener Sandstein per Fuhrwerken über die im Jahr 17. v. Chr. errichtete Holzbrücke, Vorvorgängerin der heutigen Römerbrücke.

Zwei Jahrtausende und dreiJahrzehnte lag der Schotter aus Pallien im Untergrund der ältesten Stadt Deutschlands - jetzt kommt er an einer Stelle wieder ans Tageslicht. Die Anfang Juli begonnene archäologische Grabung des Rheinischen Landesmuseums macht's möglich. Bereits nach sieben Wochen ist die Fundausbeute "so groß, wie wir es erhofft haben, aber keineswegs voraussetzen durften", sagt Grabungsleiter Joachim Hupe (49).

Dort, wo Stadtwerke und Immobiliengesellschaft GBT ihr Gemeinschaftsprojekt "Domizil an den Kaiserthermen" (33 Wohnungen, vier Geschäfte) realisieren wollen, hat zunächst die Archäologie das Kommando. Bis Ende September 2015 soll die Grabung dauern. Die prominente Lage des 1800 Quadratmeter großen Areals in der östlichen Altstadt rechtfertigt diese Dauer.

Triers upper east side

Wie heute Manhattan hatte auch Trier seine upper east side, seine obere Ostseite. Wobei das "obere" sowohl topografisch (leichte Anhöhe ohne Hochwasserrisiko) als auch auf den Status der Bewohner zutrifft. Hupe: "Hier standen einst Häuser mit prächtiger Ausstattung." Die Prachtbauten flankierten eine Ost-West-Straße, von der die Archäologen ein großes Stück freigelegt haben. Ein Querschnitt dokumentiert die unterschiedlichen Phasen. Ganz unten die planierte Grundfläche, darüber der Sandsteinschotter aus Pallien, und dann kommen schichtenweise die Kieslagen, die bis ins späte 3. Jahrhundert reichen. Dann wird das Stadtquartier noch prominenter: Die Wohnhäuser müssen dem konstantinischen Palastbezirk weichen. Im Osten die Kaiserthermen, im Westen das Forum, das wirtschaftliche Zentrum der Stadt, die jetzt Treveris heißt - die Grabung fördert serienweise Zeugnisse dieser städtischen "Filetlage" (Hupe) zutage, "Aber wir müssen sie noch in einen Zusammenhang bringen."

Die bislang freigelegten Mauerzüge stammen überwiegend aus dem Mittelalter, wurden aber aus dem Material der Römerbauten errichtet. Die bislang größte Überraschung: unmittelbar vor den Kellern legte das Landesmuseums-Team ein mächtiges spätrömisches Fundamentmauerwerk aus Muschelkalk und Ziegeln frei. "Der Fund eines Ziegelstempels mit dem Aufdruck CAPI belegt, dass das Material aus den gleichen Großziegeleien stammt, die auch für den Bau von Basilika, Dom und Kaiserthermen lieferten", sagt Hupe.

Spekulieren mag er noch nicht, dennoch ist er sicher: "Wir werden auf dieser Grabung noch viel erfahren über die Stadtentwicklung Triers seit ihren Anfängen." An Ort und Stelle erhalten wird übrigens nichts. Grabungsfunde wandern zur Weiteruntersuchung ins Museum. Wo sich jetzt Archäologen tummeln, entsteht Ende 2015 eine zweigeschossige Tiefgarage.

Das Grabungsgelände an der Weberbach kann an drei Terminen öffentlich besichtigt werden: Mittwoch, 3. September, 16 Uhr; Freitag, 5. September, 15 Uhr, und Samstag, 6. September, 10 Uhr. Archäologe Joachim Hupe gibt Einblick in die laufende Ausgrabung. Die Teilnahme ist kostenlos. Wegen begrenzter Teilnehmerzahl ist Anmeldung im Landesmuseum notwendig (Telefon 0651/97740). rm.

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