Spannendes von Ben Hurs Kollegen

Das Publikumsspektakel ist vorbei: Das Landesmuseum hat seine Grabungen an der Schützenstraße, die viele Schaulustige von der Bahnbrücke aus beobachtet haben, nach fünf Monaten vorzeitig abgeschlossen. Spannende Erkenntnisse haben die zurückliegenden Wochen gebracht, nur eines leider nicht: Eindeutiges über den römischen Circus.

Trier. Keinen Anhaltspunkt zu haben ist manchmal doch ein Anhaltspunkt. Landesmuseums-Archäologe Joachim Hupe ist sicher, dass die frisch abgeschlossene Schützenstraßen-Grabung tatsächlich auf dem Gelände des Circus stattgefunden hat. Doch eindeutige Funde, die sich der monumentalen Pferderennbahn des römischen Trier zweifelsfrei zuordnen lassen, gibt es nicht. Dafür hat Hupe eine simple Erklärung: "Unsere Grabungsfläche liegt genau unter der Circus-Fahrbahn."

Das ist ungefähr so, als würden Archäologen eines fernen Tages unter dem Mittelkreis des Moselstadions buddeln - da kämen auch keine Tribünen-Fundamente zum Vorschein. Im Falle des Circus dürften Fundament-Reste beim Bau und Ausbau der Eisenbahnlinie zum neuen Trierer Hauptbahnhof (der alte lag in Trier-West) im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zerstört worden sein.

2300 Quadratmeter umfasst das gleich neben den Bahngleisen liegende Areal, das Hupe und sein Team seit August untersucht haben. Das ist nur ein kleiner Bruchteil der Fläche, über die sich der Circus erstreckte. Fast 500 Meter lang und 80 Meter breit waren die Pferderennbahnen in den Metropolen des römischen Imperiums. Ben Hurs Trierer Kollegen lieferten sich die beliebten Wagenrennen zwischen heutiger Agritius- und Hermesstraße. Eine ganz genaue Lokalisierung oder Ausrichtung der Anlage war bislang nicht möglich, denn schon im Mittelalter verschwand sie von der Bildfläche. Vermutlich wurden ihre Steine für den Bau der gewaltigen Helenenmauer verwendet, die ab dem 10. Jahrhundert den Dom-Bezirk umgab.

Genaue Circus-Position bleibt weiterhin Rätsel



Hupe zeigt sich trotz ausgebliebener Hinweise auf die genaue Circus-Lage mit den Grabungs-Ergebnissen "sehr zufrieden. Noch nie konnten wir eine solch verhältnismäßig große Fläche im Ostviertel untersuchen."

Dabei kamen neben den Überresten einer Richtung römischer Palastbezirk führenden Wasserleitung, Münzen und Keramik rund drei Dutzend mit Herstellerstempeln versehene Ziegelplatten aus dem frühen 4. Jahrhundert zutage - eine erstaunliche Anhäufung von Belegen eines vor 1700 Jahren boomenden Industriezweigs, ohne den Großbauten wie Kaiserthermen und Konstantin-Basilika nicht denkbar wären.

Ein weiterer Fund, ein 250 Kilo schwerer Gesimsblock aus hellem Sandstein, gibt Rätsel auf. Er gehörte in römischer Zeit zu einem Pfeiler, der nach Hupes Einschätzung "anderswo im Stadtgebiet stand, aber nicht hier. Er wurde im Mittelalter hierher geschafft, nachbearbeitet und diente einem unbekannten Zweck".

Noch bis Ende Januar hätte das Museums-Team graben können, so war es vertraglich vereinbart mit Ralf Kohlhaas, dem neuen Besitzer des aufgegebenen Gärtnerei-Geländes. "Doch darauf konnten wir verzichten. Wir haben das Areal archäologisch ausgereizt", sagt Hupe, der bereits die nächste Grabungskampagne plant. Die startet Anfang 2010 auf dem Stadtwerke-Gelände an der Weberbach, dem künftigen Domizil der Bundespolizei. An der Ecke Kuhnenstraße entsteht ein neuer Anbau. Aber wie in der Schützenstraße, wo 2010 ein Wohnkomplex errichtet wird, gräbt erst einmal das Landesmuseum nach antiken Hinterlassenschaften. Und die wird es - nur einen Katzensprung von den Kaiserthermen entfernt - mit Sicherheit geben.

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