Spektakel auch so deklarieren

Zum Thema "Brot & Spiele" und dem Leserbrief "Wohl doch authentisch":

Zunächst darf ich Herrn Lentz beruhigen, dass mir die Baugeschichte der Kaiserthermen schon von Berufs wegen besser bekannt sein dürfte und dabei keiner Belehrungen bedarf. Leider vergisst er in seiner voreiligen Kritik, dass die Kaiserthermen heute den Grundriss der konzipierten Badeanlage des frühen 4. Jahrhunderts mit dem später abgebrochenen Kaltbad und seinen Wannen zeigen. Reste einer militärischen Unterkunft, welche unter Archäologen umstritten ist, sind nicht zu erkennen. Selbst wenn dort die kaiserliche Leibgarde untergebracht war, ist es vollkommen abwegig, jene mit Gladiatorenkämpfern gleichzusetzen. Meine Kritik zur Authentizität richtete sich primär aber an andere in der Stadtratsvorlage erwähnte Inhalte, wie Gaukler oder Märchenerzähler, welche zweifellos Rückgriffe auf das Mittelalter darstellen. Völlig an der Wirklichkeit vorbei geht unter anderem die mystische Nacht in den Kellergängen der Thermen. Zwar mag die abendliche Inszenierung mit Licht- und Klanginstallationen die Besucher begeistern, doch ist dies eine Banalisierung des römischen Lebens. Wären die Thermen fertiggestellt worden, hätten in den Bedienungsgängen Sklaven geschuftet, die für Mystik sicher keinen Sinn hatten. Will die Stadt "Brot & Spiele" als Römerspektakel durchführen, sollte sie die Veranstaltung auch als solches deklarieren. Damit würde man aber den hohen Ansprüchen der Vorlage nicht mehr gerecht, "Kindern und Schulklassen durch die spielerische Vermittlung an außerschulischen Lernorten einen altersgemäßen Zugang zur römischen Geschichte zu ermöglichen". Spektakulär dargebotene Lerninhalte, die mit dem römischen Alltag in Trier nur wenig gemeinsam haben, werden Schulkinder zweifellos stärker prägen und ihnen dauerhaft ein falsches Geschichtsbild vermitteln. Dies sollte einem Uni-Professor ebenso wie ehemaligen Lehrern, die in den Stadtvorstand gewechselt sind, bewusst sein. Karl-Josef Gilles Kulturpolitischer Sprecher der FDP-Stadtratsfraktion

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