Spezialist für akademischen Nachwuchs

Trier · Drei Jahrzehnte ist Dieter Sadowski Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Trier - und eine der prägendsten Figuren der Hochschullandschaft gewesen. Wenn er morgen seine Abschiedsvorlesung hält, geht eine bewegte akademische Karriere zu Ende.

 Sorgte 30 Jahre lang für volle Hörsäle an der Uni Trier: Betriebswirtschafts-Professor Dieter Sadowski. Fotos: Uni Trier/TV-Archiv: Friedemann Vetter

Sorgte 30 Jahre lang für volle Hörsäle an der Uni Trier: Betriebswirtschafts-Professor Dieter Sadowski. Fotos: Uni Trier/TV-Archiv: Friedemann Vetter

Trier. Als er mit 35 einen Lehrstuhl im Fachbereich IV der Uni Trier bekam, galt der junge Mann, der in Bonn promoviert hatte, als Verstärkung für die marktwirtschaftliche Fraktion unter den politisch konfliktfreudigen Wirtschaftswissenschaftlern an der Uni Trier.
Doch Dieter Sadowski entzog sich jeglichem Lagerdenken, verband seine wissenschaftliche Arbeit mit sozialem Engagement für die Studenten - etwa als Verwaltungsratschef des Studentenwerks. Die Studis dankten ihm, indem sie ihn mit Fackelzügen bewogen, Abwerbeangebote anderer Unis abzulehnen.
1988 wurde er wirtschaftswissenschaftlicher Direktor des gemeinsam mit seinem Jura-Kollegen Rolf Birk betriebenen Trierer Instituts für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemeinschaft - bis heute eines der Trierer Premium-Drittmittelprojekte. Fachübergreifend, so wie Sadowskis Denke.
Seine Gastprofessuren, Fellowships, Herausgeberschaften und wissenschaftlichen Sonderfunktionen zwischen China, Kongo und Australien füllen locker eine Wikipedia-Seite.
Umso erstaunlicher, dass der Professor als Doktorvater eine halbe Hundertschaft Promotionen begleitete, aus denen wiederum zwölf Lehrstühle an Hochschulen resultierten - eine wissenschaftliche Fortpflanzungsquote, die ihresgleichen sucht.
So wären denn die drei Jahrzehnte des 65-Jährigen in Trier eine strahlende Erfolgsgeschichte, hätte es nicht die Affäre Doerfert gegeben. Sadowski ließ sich 1987 als Vorstand bei Doerferts Caritas-Trägergesellschaft CTT anheuern, wurde später in den Aufsichtsrat der Klinik-Rose-AG berufen - und saß mittendrin in einem der größten Betrugsfälle der Republik.
Er wurde zum Kronzeugen der Anklage gegen Doerfert, und das Gericht glaubte ihm, dass er selbst zu den von der einstigen "Lichtgestalt" Getäuschten gehörte. Juristisch blieb er unbehelligt, aber im öffentlichen Ansehen gab es einen Knick. Ein Stück weit sei er selbst schuld, sagte er später dem Volksfreund, im Nachhinein würde er von sich selbst "mehr professionelles Misstrauen" einfordern.
Anders als andere zog Sadowski den Kopf nicht ein - und war bald wieder da. 2003 zog er mit dem ständig wachsenden Institut vom Quinter Schloss auf den neuen Campus 2 um, wenige Jahre später wurde er Dekan des Fachbereichs für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Mathematik und Informatik. Zuletzt konnte er ein Graduiertenzentrum an Land ziehen.
Vielleicht wird man Dieter Sadowski in den nächsten Jahren noch häufiger im Theater oder der Philharmonie treffen als bisher - als Ruheständler in der Studierstube kann man sich den Mann mit dem immer noch jugendlich wirkenden Lächeln schwerlich vorstellen.
Professor Dieter Sadowski hält seine öffentliche Abschiedsvorlesung zum Thema "Transnationales Arbeitsrecht" am 1. Juli ab 15.15 Uhr in der ehemaligen Kapelle auf dem Campus 2.

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