Stadtbusse Mangelware

TRIER. Zentrumsnah im Grünen - der Osten der City zählt zu Triers exklusivsten Wohnlagen. Doch wer kein Auto hat und sich nicht aufs Rad traut, ist aufgeschmissen; die Bus-Linie 12 deckt nur den nötigsten Bedarf.

"Was soll ich mit einem Bus?" Der Bergstraßen-Bewohner will die Frage nicht gelten lassen. Nicht für sich, denn "ich brauche Bewegung und keinen Bus", sagt der 88-Jährige, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, resolut. 40 Jahre lebe er nun schon in Trier, doch nur einmal habe er sich von einem Stadtbus kutschieren lassen. "Da hatte ich Besuch", liefert er die Erklärung für das einmalige Erlebnis gleich nach.Eine Fahrt in vier Jahrzehnten - der ältere Herr ist fit, aber kein repräsentativer Fall. Eine Fahrt die Stunde - auf diesen Takt kommt aktuell die Linie 12, die den Ostteil der City mit Hauptbahnhof, Zentrum, Fachhochschule und auch Butzweiler verbindet. Ab 19 Uhr und an Wochenenden müssen potenzielle Fahrgäste ein Anrufsammeltaxi ordern. Das private Unternehmen Müller-Kylltal bedient die Strecke seit einigen Jahren im Auftrag der Stadtwerke - und befördert zwischen Osten und Zentrum vor allem warme Luft."Unsere Fahrgastzählungen belegen, dass unser ÖPNV-Angebot in diesem Bereich der Nachfrage angepasst ist", sagt denn auch Stadtwerke-Sprecher Andreas Wagner. Soll heißen: Ein dichterer Takt oder eine Linienänderung sind nicht geplant. Auch Ricarda Kuhner, Ortsvorsteherin von Trier-Mitte, sieht keinen Handlungsbedarf: "Machen wir uns nichts vor, die Nachfrage ist einfach zu gering.""Man kann nicht alles haben", sagt auch Schwester Ildefonsa, regelmäßige Nutzerin der Linie 12. Drei Jahrzehnte arbeitete die Ordensfrau im Kindergarten von St. Agritius, im Ruhestand schwelgt sie gerne in Erinnerungen an die Zeit, als die Busverbindung noch in Ordnung schien: "Die Linie 5 war am allerbesten, aber auch die 6 war nicht schlecht." Jetzt hofft Schwester Ildefonsa, dass das bestehende Angebot nicht auch noch eingestellt wird. Eine Sorge, die vor allem ältere Menschen teilen.Denn eine bessere Anbindung ans Zentrum scheint nicht in Sicht, wie auch ein direkter Zugang des Ostens zum Hauptbahnhof noch Jahre dauern dürfte. Viele Bewohner am Fuße des Petrisbergs kritisieren, dass es bis dato keine unmittelbare Verbindung von der Güterstraße zu den Bahngleisen gibt. Bahnreisende aus Trier-Ost müssen Umwege über Gartenfeldstraße und Ostallee oder Kürenzer Straße in Kauf nehmen, obwohl der Bahnhof doch praktisch vor der Haustür liegt. In fast allen anderen Städten sind Gleise und Bahnhof von beiden Seiten erreichbar.Auch die Bahn AG würde sich über einen Ostzugang freuen, doch "das ist nicht unsere Aufgabe, sondern die der Stadt", betont Bahnhofsmanager Werner Feld gegenüber dem TV . Schließlich gehe es darum, Stadtteile zu verbinden.Tatsächlich gibt es im Rathaus entsprechende Pläne, doch deren Realisierung ist noch mehr als ungewiss. Die im Rahmen des Spurbus-Projekts geplante Brücke über Bahnhof und Gleise (wir berichteten gestern) würde für Radfahrer und Fußgänger eine direkte Verbindung schaffen. Doch noch ist nicht entschieden, ob der Spurbus je in Fahrt kommt. Auf Nachfrage schließt Baudezernent Peter Dietze zudem aus, dass es Übergangslösungen geben könnte. Insbesondere einer Verlängerung der Gleisunterführung im Hauptbahnhof bis zur Güterstraße hin kann er nichts abgewinnen. Auch weil Unterführungen als potenzielle Risikoräume gemieden würden.Dennoch gibt es Menschen, die für einen kürzeren Weg auch schon mal ein hohes Risiko eingehen: Nahezu täglich queren Unbefugte die Gleise des Hauptbahnhofs, bestätigt Werner Feld. Dabei ist es noch nicht allzu lange her, da bezahlte ein Mann die verbotene Abkürzung mit dem Leben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort