Stadttor, Tyrannenburg, Steinbruch

HEILIGKREUZ. Die heute einzigartige Porta Nigra war in Triers glanzvollen Römerzeiten ganz und gar nicht einzigartig. Die Augusta Treverorum besaß vier solcher gewaltigen Torburgen. Eine stand im heutigen Stadtteil Heiligkreuz: die Porta Alba.

Heiligkreuz spielt in der Stadtgeschichte eine besondere Rolle. Zu sehen ist davon jedoch nicht mehr viel. Von der historischen Bedeutung zeugt nur noch der originalgetreue Nachbau der 1944 bis auf die Grundmauern zerstörten romanischen Kapelle neben der Pfarrkirche. Der Monumental-Tempel am Herrenbrünnchen und die Porta Alba - beide seit vielen Jahrhunderten von der Bildfläche verschwunden, ebenso wie das mittelalterliche Dörfchen Bergentheim am Altbach. Die Porta Alba aber lebt in der mittelalterlichen Geschichtsschreibung und als Motiv auf Münzen weiter. Cleverer Trick mit "Trojanischen Fässern"

Doch der Reihe nach. Im späten zweiten Jahrhundert sicherten Triers Römer ihre Stadt. Zu der 6,4 Kilometer langen Mauer, die sie um das drei Quadratkilometer große Stadtgebiet zogen, gehörten neben 47 Türmen vier imposante Torburgen. Im Norden die Porta Martis (Kriegstor), im Süden (heute Kreuzung Saar-/Töpferstraße) die Porta Media, an der Römerbrücke die Porta Inclyta (das "berühmte Tor") und im Osten, an der Fernstraße Richtung Straßburg, die Porta Alba. Durch sie seien siegreich heimkehrende Truppen eingezogen, daher "weißes Tor". Mit dem Ende der Römerherrschaft im Trierer Land um anno 475 verlor die gewaltige Stadtbefestigung ihre Bedeutung und Funktion. Die einstige Kaiserstadt zerfiel in kleinere Siedlungen; die gewaltigen Stadttore lagen weit weg davon quasi "auf der grünen Wiese". Im Heiligkreuzer Tor nistete sich vor knapp 1000 Jahren ein gewisser Adelbert ein, eine Art Vorgänger der Raubritter. Adelbert und seine Mannen starteten von ihrer wohl befestigten Anlage aus immer wieder Überfälle auf Einrichtungen von Erzbischof Poppo. Der ärgerte sich mächtig, konnte aber wenig gegen den Tyrannen ausrichten. Bis Sicko, ein Mann aus seinem Gefolge, auf eine clevere List kam. Er lieferte unter einem Vorwand 30 Fässer in Adelberts Burg. Doch statt Wein verbargen sich in den Fässern schwer bewaffnete Krieger, die die Burgbesatzung samt Anführer niedermetzelten. Auch wenn Mittelalter-Chronisten stets dick auftrugen und sich hier des "Trojanischen Pferd"-Motivs bedienten, dürfte die Sicko-Geschichte einen wahren Kern haben. Für die Erzbischöfe hatte die Porta Alba besondere Bedeutung. Ludolf (994-1008) und Rudolf von Wied (1183-1189), der zeitweilig dort wohnte, verewigten die Burg auf Münzen. 1132 hielt Albero bei seiner Ankunft am neuen Amtssitz Trier Einzug durch die Porta Alba. Aber rund 100 Jahre später hatte die Heiligkreuzer Porta endgültig ausgedient. "Wie zahlreiche andere Römerbauten wurde sie als Steinbruch genutzt. Das Mittelalter fraß gewissermaßen die Antike", sagt Landesmuseums-Archäologe Lukas Clemens (42). Es blieb der Name "Wisport" (weißes Tor). Zeitweilig hieß Heiligkreuz Wisport, was sich in Wisportstraße widerspiegelt. Allerdings stand die Porta Alba nicht, wie vielfach angenommen, an dieser Straße, sondern an der Rotbachstraße, nahe der Einmündung Arnulfstraße. Die mächtigen Fundament-Reste wurden bei Kanalisationsarbeiten 1896 und 1930 (vor dem Haus Rotbachstraße 4) entdeckt. Jörg Henerichs (38), Spezialist für 3D-Rekonstruktion, hat die Porta Alba an ihrem Original-Standort wieder auferstehen lassen. Die Fotomontage ist ein kleiner Teil des Datenarchivs seiner Firma H&S Virtuelle Welten (Sitz: Heiligkreuz). Zusammengefasst unter der Dachmarke edition treverorum enthält das Archiv alle wichtigen 3D- und 2D-Bildinformationen zur Stadtgeschichte Triers. Morgen in unserer Heiligkreuz-Serie: Alt-Ortsvorsteher Felix Kurz erinnert sich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort