Stadtwerken Trier drohen Millionenverluste

Trier · Die Stadtwerke Trier (SWT) wollen vorerst nicht aus dem Kohlekraftwerk Gekko aussteigen. Vorstandssprecher Olaf Hornfeck nennt erstmals die Höhe der Rückstellungen, die das Unternehmen für mögliche Verluste gebildet hat: 7,6 Millionen Euro. Die Grünen sehen sich in ihrer Kritik bestätigt und sprechen von einem "folgenschweren Irrtum".

2008 beteiligten sich die Stadtwerke Trier am Bau eines Steinkohlekraftwerks der RWE in Hamm/Westfalen. Doch dessen Fertigstellung verzögert sich, die Kosten steigen. Und weil die Preise am Markt inzwischen deutlich unter dem liegen, was die SWT für ihren Kohlestrom zahlen müssen, geht die Rechnung nicht auf (siehe Extra, der TV berichtete am 4. Januar).

SWT-Vorstandssprecher Olaf Hornfeck will "nichts schönreden", wie er im Gespräch mit dem TV betont. Aber er möchte auch nicht von einer Fehlentscheidung sprechen. Stattdessen sagt er: "Die wesentlichen Rahmenbedingungen sprachen damals für den Bau des Gekko-Kraftwerks. Seit der Entscheidung zur Beteiligung haben sich die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert."

Doch das allein erklärt nicht die Schwierigkeiten in Hamm. So fährt Hornfeck fort, dass die SWT davon ausgegangen seien, es mit einem "extrem verlässlichen Partner im Kraftwerksbau" zu tun zu haben. Zudem hätten die meisten Experten erwartet, dass die Entwicklung der Strompreise "nach oben" verlaufen werde.

Die Trierer Grünen halten dagegen: Es habe schon 2008 "deutliche Hinweise auf eine Überkapazität in der Stromerzeugung" gegeben, "wenn Strom aus Wind und Sonne in den Markt drängt", kritisieren sie und sprechen von einem "folgenschweren Irrtum", weil SWT und RWE von steigenden Preisen ausgegangen waren. Gerd Dahm, grünes Aufsichtsratsmitglied der SWT, erinnert an die Vorgeschichte: "Wir haben, neben unseren ökologischen Bedenken, diese Spekulation schon damals als wirtschaftlich riskant angesehen und dies in den entsprechenden Sitzungen zum Ausdruck gebracht."

Womit die Stadtwerke garantiert nicht rechnen konnten: dass sich das RWE mit dem Bau des Kraftwerks derart schwer tun würde. "Nicht erfreut über diese Entwicklung" sei er, sagt Hornfeck und beziffert erstmals die Summe, die für drohende Verluste zurückgelegt wurde: "Die SWT haben bereits ab 2012 aufgrund der fehlenden verlässlichen Rahmenbedingungen und der Verzögerungen bei der Inbetriebnahme des Kraftwerks Rückstellungen in Höhe von 7,6 Millionen Euro gebildet."

Bei Rückstellungen handele es sich um "ein Element der ausgewogenen Chancen-Risiko-Abwägung". Diese wirkten sich zwar auf die Ergebnisse der vergangenen Jahre aus, seien "aber zunächst nur Vorsorgen für eventuell künftig anfallende Belastungen", ergänzt er. Soll heißen: Man will gewappnet sein, hofft aber, nicht in vollem Umfang auf die Rückstellungen zugreifen zu müssen.

Ein Ausstieg aus Gekko steht für die SWT derzeit nicht zur Debatte. Unabhängig von aktuellen Marktgegebenheiten sei es "im Interesse aller Beteiligten, dass auch der zweite Block in Betrieb genommen wird. Schließlich ist unser Invest auf einen längeren Zeitraum ausgelegt." Zudem gehe man davon aus, "dass sich die Marktgegebenheiten für moderne Steinkohlekraftwerke mittel- bis langfristig auch wieder zum Positiven entwickeln werden". Erst wenn Gekko komplett am Netz sei und die Ergebnisse laufender Gespräche mit RWE über die Frage, "wie die finanziellen Auswirkungen für die beteiligten Stadtwerke aufgefangen werden können", vorlägen, habe man eine Grundlage für weitere Entscheidungen. Allerdings räumen die SWT auch ein, dass sich "unter den aktuellen Rahmenbedingungen" ohnehin kein Käufer für die Beteiligung finden ließe.

Auf Nachfrage versichert Hornfeck, dass sein Unternehmen wegen der Probleme mit Gekko noch keine Entscheidung für ein anderes Projekt aufgeschoben oder gar abmoderiert habe.Meinung

Den Schaden begrenzen
Die Stadtwerke haben massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert und sich im Wettbewerb behauptet. Umso betrüblicher, dass das umweltpolitisch umstrittene Engagement beim Kohlekraftwerk Hamm zu einem Verlustgeschäft zu werden droht. Jetzt geht es darum, den möglichen Schaden zu begrenzen und Lehren für die Zukunft zu ziehen. Eine dieser Lehren sollte sein, dem SWT-Anteilseigner RWE deutlich kritischer zu begegnen. Das Vertrauen, das man den Essenern bislang entgegenbrachte, war erkennbar nicht gerechtfertigt, und eine faire Partnerschaft zwischen Konzern und kommunalen Versorgern sieht anders aus. Die Stadtwerke müssen nun darauf hoffen, dass sich die Lage auf dem Strommarkt wieder zugunsten von Gekko wandelt oder sich dereinst ein Abnehmer für die Beteiligung findet. Für beides spricht derzeit wenig. Alle Beteiligten müssen daran arbeiten, dass das Unternehmen den Problemfall in den Griff bekommt. Denn vom wirtschaftlichen Erfolg der Stadtwerke profitiert wesentlich die Stadt als Haupteigentümerin. trier@volksfreund.deExtra

Die SWT sind als einer von 23 kommunalen Versorgern zusammen mit der RWE Power AG an der Gemeinschaftskraftwerk Steinkohle Hamm GmbH & Co. KG beteiligt. Diese Gesellschafter gewähren für den Bau und Betrieb des Kraftwerks Darlehen, die mit sechs Prozent jährlich verzinst werden. Da die SWT das Geld für ihre Darlehen zu günstigeren Konditionen am Kapitalmarkt aufgenommen haben, ergibt sich für die Trierer ein leichter Zinsvorteil. Doch dieser kompensiert bei weitem nicht die Differenz, die sich aus den Erzeugungskosten in Hamm und dem derzeitigen Marktpreis ergibt. Denn die Preise für die Menge Kohlestrom, welche die Stadtwerke aufgrund der Beteiligung abnehmen müssen, sind abhängig von den Produktionskosten. Und die liegen bei Gekko über dem, was Unternehmen wie SWT derzeit von ihren Kunden verlangen können. mst

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