Standort mit Zukunft

KÜRENZ. Vor mehr als 100 Jahren wurde das Trierer Walzwerk gegründet. Das Unternehmen setzt auf gute Nachbarschaft mit den Kürenzern, von denen einst viele ihr Geld im Werk verdienten.

Mächtige Backsteinfassaden, dahinter riesige Hallen, aus denen ab und an ein Zischen entweicht - wer sich dem Trierer Walzwerk nähert, muss schon genau hinhören. Nach außen dringt hier wenig. Dass dem so ist, dafür sollen "Technik und Disziplin" sorgen, sagt Walter P. Jahn. Auf diese Weise versuche das Unternehmen, störende Geräusche zu minimieren, erläutert der Leiter der Abteilung Controlling. Seit 1912 arbeitet das Trierer Walzwerk an seinem jetzigen Standort. Fast hufeisenförmig grenzen Brühl-, Rosen und Domänenstraße an das Firmengelände. Im Westen reicht das Werk bis an die Gleisanlagen.Kartoffelgeld für Flüssignahrung

Eine Lage, die verpflichtet: Das Unternehmen bemühe sich um gute Nachbarschaft, denn "nur so können wir langfristig in einem Wohngebiet existieren", weiß Jahn. Für Beschwerden und Anregungen gebe es eigens eine Hotline, die direkt zum Technischen Leiter des Walzwerks, Michael Möller führe. Jahn begann 1954 seine Ausbildung in der Personalabteilung des Betriebs. Damals beschäftigte der Betrieb rund 450 Leute, heute sind es noch 150. Jahrzehntelang profitierten die umliegenden Läden von den Werktätigen. Ob Bäcker oder Metzger - ein großer Teil des Lohns landete in Kürenzer Kassen. Doch Sonderzahlungen wie Mai- oder Kartoffelgeld flossen mitunter auch in gerstehaltige Flüssignahrung; in der nahe gelegenen Kneipe "Zum Walzwerk". Dass diese Zeiten passé sind, liegt nicht am "Teuro". Im Gegenteil: Wer der seltenen Spezies Euro-Euphoriker begegnen wollte, wurde zeitweilig im Walzwerk fündig. Schließlich wurden hier tonnenweise "Pillen" hergestellt, die das Innere der Ein- und Zwei-Euromünzen ausmachen. Von hier wurden sie in Millionenmengen zu Münzherstellern transportiert, bevor sie von dort in die Prägeanstalten kamen. "Der Euro hat uns einen Schub gegeben", schwärmt Jahn von den Jahren 2000/2001 im Oberflächenveredelungswerk. 25 Mitarbeiter seien eigens auf Zeit eingestellt worden. Doch dann stellte sich heraus, dass sich die Währungshüter bei der Erstausstattung stark überschätzt hatten. Die Pillen-Produktion musste auf Null herunter gefahren werden, derweil die Zeitverträge der Euro-Kollegen nicht mehr verlängert werden konnten. Rund 30000 Quadratmeter überbaute Fläche misst das Walzwerk, mehr als 25 000 Tonnen Rohmaterial werden jährlich verarbeitet. Das meiste wird per LKW angekarrt und ausgeliefert. Dafür müssen rund 1000 Laster jährlich die niedrige Bahnunterführung in der Schönbornstraße umfahren, um in die enge Brühlstraße zu gelangen. Eine Verlagerung des Betriebs - beispielsweise in den Hafen - ist nicht zu erwarten. Allenfalls könnte dort ein Lager entstehen, sollte das Walzwerk den eigenen Gleisanschluss stärker nutzen und eine Art Schienen-Shuttle zwischen Hafen und Walzwerk einrichten. Die LKW würden dann ihr Rohmaterial im Hafen abliefern. Ob der Plan realisiert wird, sei abhängig vom Marktvolumen, so Jahn. Dass der Standort Trier Zukunft hat, daran zweifelt Jahn nicht. Das Walzwerk habe seinen festen Platz im Corus-Konzern. Seit einigen Monaten werden die Trierer Geschäfte indes von Düsseldorf aus geführt; von Theo Odenthal, der dort auch die Geschicke der "Hille und Müller"-Gruppe lenkt.

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