Stein für Stein zu Römern zurück

TRIER. Im Rheinischen Landesmuseum wird derzeit das so genannte "Siemens-Mosaik" wieder zusammengesetzt, das lange in Kisten lagerte. Der aktuelle Stand der Arbeiten wurde kürzlich im Rheinischen Landesmuseum vorgestellt. Im Herbst soll das Mosaik fertig werden. Dann kommt es als Dauerleihgabe nach Berlin.

"Das Ende einer Odyssee" war Titel der Veranstaltung im Rheinischen Landesmuseum Trier. Und eine "Odyssee" ist die Geschichte des nach seinem letzten Inhaber "Siemens-Mosaik" genannten Mosaiks in der Tat. Das erläuterte Angelika Paul, Archäologin am Museum, in dem lichtdurchfluteten Raum, wo das Mosaik zurzeit von den Restauratoren Stein für Stein wieder zusammengesetzt wird. Zu sehen sind darauf Landschaftsszenen mit Tieren, eingearbeitet in eine bildliche Konstruktion aus Medaillons und Sternen mit Achtecken und Kreisen darin und verziert mit verschiedenen Umrandungen.Entdeckung im Jahre 1811

Der "Irrweg" des 16 Quadratmeter großen Steinkunstwerks aus dem zweiten Viertel des dritten Jahrhunderts nach Christus begann im Jahre 1811. Jahrhundertelang begraben, kam das Mosaik bei Bauarbeiten in einer Gaststätte in der Neustraße ans Tageslicht. Die damals französische Regierung bat den Hausbesitzer, mit weiteren Bauarbeiten zu warten, damit man das Kunstwerk retten könne, doch beim Gastwirt biss man auf Granit. "Er begann sofort mit der Zerstörung", erzählt Angelika Paul bedauernd. Nur zwei Elemente, ein Pferdchen und ein Vogel, konnten zunächst gerettet werden. Die Gesellschaft für nützliche Forschungen kaufte die beiden Motive - ihren Platz nahmen spiegelverkehrte Kopien ein - und bewahrte sie damit vor der "Odyssee", die die anderen Teile des Mosaiks antraten. Ab dem Jahr 1865 wurde das Kunstwerk aus Römerzeiten in der Kneipe geschäftstüchtig in den Alltag integriert: Als trierische Attraktion konnte man, auf dem Mosaik sitzend, Viez und Wein trinken. 1888 schließlich kamen Bruchstücke aus dem Mosaik über einen Architekten an den Berliner Hof des Kronprinzen Friedrich. Schließlich landete das Werk als Verandabodenbelag bei der Berliner Familie von Siemens. Bis 1928 blieb es dort. "Der Boden war aber nie ganz wasserdicht, und so wurde das Mosaik schließlich in Kisten gepackt und in den Keller gestellt", erzählt Angelika Paul.Im Jahre 1949 Rückkehr nach Trier

Erst 1949, als die Familie Siemens die Villa nach dem Krieg aufgeben musste, wurden die Kisten nach Trier zurückgebracht. Nach langer Lagerung wird es erst jetzt wieder zusammengesetzt. Finanziert wird die Arbeit von der Siemensstiftung. Begonnen wurde im August vergangenen Jahres, fertiggestellt sein wird das Mosaik wohl erst im Herbst. Dann soll es als Dauerleihgabe im Zeughaus des deutschen historischen Museums in Berlin unter dem Motto "Wie lebten unsere Vorfahren" zu sehen sein. Vom ursprünglichen Aussehen zeugen nur eine Zeichnung, die - nicht originalgetreu - von Domkapitular Nikolaus Wilmowsky koloriert wurde, und ein Foto, das vom Balkon der Villa Siemens aus gemacht worden war. "Beim Abbruch in Berlin wurde viel vom Mosaik zerstört", erklärt Restaurator Egon Lutz. So müssten viele der Steine nachgebildet werden. Das Material komme von Steinmetzen oder direkt aus Italien. "Auf einen Quadratmeter kommen etwa 10 000 Steine", verdeutlicht der Restaurator. "Wir möchten alles so originalgetreu wie möglich gestalten." Im Endeffekt sei nur etwa ein Viertel der kleinen Steinchen aus der Römerzeit erhalten. "Den reellen Wert des Mosaiks kann man nicht beziffern", sagt Lutz. Bestimmt liege er über einer halben Million Euro - die beiden Originalmotive Pferdchen und Vogel, die in Trier bleiben, nicht eingerechnet. Nach Berlin kommen Kopien davon, gelegt von Restaurator Konstantin Schweicher. Noch liegt das unvollständige Mosaik im Museum auf dem Boden. Bald wird es zerteilt und auf etwa vier bis sechs Wabenplatten aus Aluminium aufgezogen. "Das hat zwei Gründe", erläutert Egon Lutz. "Zum einen müssen wir dann nicht mehr auf dem Boden herumkriechen, um Steinchen einzufügen. Zum anderen würden wir das Mosaik als Ganzes einfach nicht durch die Tür bekommen." Und durch die Tür muss das "Siemens-Mosaik" schließlich, um nach Berlin transportiert werden zu können. Dann wird es in Trier ein römisches Mosaik weniger geben. Insgesamt sind knapp 200 Mosaike in der Römerstadt vorhanden. Ausgestellt seien allerdings nur 20 davon, sagt Egon Lutz: "Wir haben schlicht zu wenig Platz dafür."

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