Stilles Gedenken ohne stilles Örtchen

Besucher des Hauptfriedhofs können es nicht fassen: Die Toiletten am Haupteingang (Herzogenbuscher Straße) sind seit Monaten geschlossen. Die Stadt sieht sich aus Kostengründen außerstande, sie in Stand zu setzen. Offenbar hat das Rathaus noch nicht einmal Geld, den Weg zum stillen Ausweich-Örtchen auszuweisen.

 Seit Monaten verschlossen: Die Toiletten am Hauptfriedhofs-Eingang Herzogenbuscher Straße.

Seit Monaten verschlossen: Die Toiletten am Hauptfriedhofs-Eingang Herzogenbuscher Straße.

Foto: Roland Morgen

Trier-Nord. Wenn Gisela Schmitz den Hauptfriedhof betritt, dann führt ihr Weg erst einmal zur Damentoiletten-Tür am Haupteingangsgebäude an der Herzogenbuscher Straße: "Einfach mal nachsehen, ob sie offen ist. Vielleicht ist ja ein Wunder geschehen." Auf das Wunder wartet die 85-Jährige seit vergangenem September vergeblich. Auch das Männer- WC ist seither abgeschlossen.Ausweich-WCs schwer zu finden

Den Grund nennt auf TV-Anfrage Rathaus-Pressesprecher Ralf Frühauf: "Die Toiletten an der Herzogenbuscher Straße sind in einem baulichen Zustand, der eine Öffnung nicht mehr zulässt. Dieser Zustand ist teilweise auch durch Vandalismus verschuldet." Frühauf verweist auf die Toiletten neben der Einsegnungshalle am Eingang Hospitalsmühle.

Die allerdings stellen keine wirkliche Alternative dar. Sie befinden sich in rund 300 Metern Entfernung am entgegen gesetzten Ende des Friedhofs und sind ohne Ortskenntnis nur schwer zu finden. Es gibt keinen Hinweis auf die einzigen benutzbaren "stillen Örtchen", geschweige denn einen Wegweiser.

"Ich habe schon oft erlebt, dass sich ältere Besucher in ihrer Not einfach hinter eine Hecke gehockt haben", berichtet Gisela Schmitz. Von der Stadtverwaltung zeigt sie sich tief enttäuscht: "Die sollten sich schämen. Ich schäme mich ja auch, wenn ich als Bewohnerin dieser Stadt ortsfremden Besuchern, die mich nach dem Klo fragen, die Wahrheit sagen muss. Die Leute reagieren völlig fassungslos."

Den schlechten Zustand der Toiletten an der Herzogenbuscher Straße bestätigt sie: "Ich gehe seit 1964 mehrfach wöchentlich zum Hauptfriedhof. Die Gräber, die ich anfangs besucht habe, gibt es längst nicht mehr. An den Toiletten hat sich in der ganzen Zeit nichts geändert - außer dass sie von Jahr zu Jahr mehr vergammelten."

Ralf Frühauf äußert Verständnis ("Das ist sicher kein guter Zustand"), macht aber keine Hoffnung, dass sich an der Misere in absehbarer Zeit etwas ändern könnte. Das zuständige Grünflächenamt sehe "derzeit keine Möglichkeit, die hohen Finanzmittel für eine ordnungsgemäße Instandsetzung aufzubringen".

Meinung

Ein Trauerspiel

Von Roland Morgen

 Fast schon makaber wirkt das Relief: Ins Jenseits führt ein Engel – zum abgelegenen Ausweich-Klo nicht einmal ein Wegweiser.

Fast schon makaber wirkt das Relief: Ins Jenseits führt ein Engel – zum abgelegenen Ausweich-Klo nicht einmal ein Wegweiser.

Foto: Roland Morgen

5400 Wahlgräber, 1000 Reihengräber, 120 Familiengruften, 3300 Kriegstote, 450 Angehörige von Ordensgemeinschaften und 350 jüdische Gräber - alleine schon die Belegung lässt erahnen, wie viele Menschen täglich den größten Friedhof der Region besuchen. Nachdem die Stadt die Notbremse gezogen und die desolaten Toiletten an der Herzogenbuscher Straße dicht gemacht hat, stehen ihnen ganze zwei WCs an der Hospitalsmühle zur Verfügung. Und die sollte man sich besser auch nicht mit Argusaugen anschauen. Klar, Trier ist arm. Aber die Stadt sollte sich nicht selbst ein Armutszeugnis ausstellen, indem sie ihre Finanzmisere anhand unbenutzbarer Friedhofs-Klos demonstriert. Der jetzige Zustand ist unzumutbar und brüskiert vor allem ältere und gehbehinderte Besucher. Wo ein Wille, da ein Weg. Vorschlag: Die Stadt sollte das regionale Handwerk um Unterstützung bitten. Auf TV-Anfrage signalisiert Kreishandwerksmeister Herbert Tschickardt grundsätzliche Bereitschaft: "Wenn man an uns herantritt und wir eine Möglichkeit sehen, dann helfen wir gerne." Denkbar wäre, dass die Friedhofs-Toiletten im Rahmen eines Ausbildungs-Projekts auf Vordermann gebracht werden. Das ist doch ein Wort! r.morgen@volksfreund.de

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