Straßensiedlung aus einem Guss

KÜRENZ. Die frühere Arbeitersiedlung der Weinbaudomäne Avelsbach ist seit vier Monaten Denkmalzone. Abgelegen und einsam liegen die Wohnhäuser in der Baltzstraße auf einem Plateau des Grünebergs.

Vorbei am historischen Kelterhaus mit Vogtgehöft der Staats-Weinbaudomäne Trier, in der sich die moderne Versuchskellerei befindet, schlängelt sich die enge Straße durch Weinberge und Obstbäume. Dann tauchen eine Reihe rot gedeckter Häuser mit hohem Dachüberstand auf: Dort wohnten einst die Weinbergsarbeiter der Domäne. Als die Domäne 1896 gegründet wurde, waren dort bis zu 500 Menschen beschäftigt. Diese in der Stadt knappen Arbeitskräfte für seine Weinberge versuchte der Staat an sich zu binden. Er plante eine eigene Wohnsiedlung für die Arbeiter. Sie wurde 1901 bis 1911 in Form einer Straßensiedlung angelegt.Seit 1983 im "Radar der Denkmalpflege"

Die zehn Doppelhäuser entlang der Baltzstraße sind von Hausgärten umgeben und haben noch heute jeweils seitlich, rückwärtig oder zwischen den Wohnteilen einen Wirtschaftsteil mit Stallungen, in denen die Arbeiterfamilien Milch und Fleisch für den eignen Bedarf erwirtschaften konnten. In einer Zeit, als in Trier der Wohnraum knapp war, war die niedrige Miete in der Siedlung ein großer Anreiz, bei der Staats-Weinbaudomäne zu arbeiten. Zusätzlich wurden den Familien noch drei Morgen Land zu einem geringen Pachtpreis zur Verfügung gestellt. Die Arbeiter bekamen zudem stets pünktlich ihr Gehalt und fanden demnach in dem Staatsweingut bessere Arbeitsbedingungen vor als sonst im Weinbau üblich. Sie bewohnten in der Siedlung schmucke Häuschen mit fließendem Wasser und hatten Land zum Bewirtschaften. In einem Gemeindehaus machten die "Dorfbewohner" der Siedlung ihre Wäsche, badeten und buken gemeinsam Brot. Später wurde darin auch eine eigene Schule für die Kinder der Arbeiterfamilien eingerichtet. Als "einheitlich geplante und noch weitgehend unverändert erhaltene bauliche Gesamtanlage" wurde die Baltzstraße als "Siedlung Domäne Avelsbach" im Mai 2004 zur Denkmalzone erklärt und unter Denkmalschutz gestellt. In Trier gibt es derzeit 14 Denkmalzonen, darunter die Spee-, die Eberhard- und die Kronprinzenstraße. Als Renovierungen anstanden, verkaufte das Land Rheinland-Pfalz 1983 die Häuser in der Baltzstraße an die Mieter. Bereits 1983 war die Domäne Avelsbach "im Radar der Denkmalpflege", erklärt Peter Ahlhelm vom städtischen Denkmalpflegeamt. "Es braucht seine Zeit, bis die Zonen bewilligt sind", erläutert Ahlhelm und betont, dass die Entscheidung beim Landesamt für Denkmalpflege liege und nicht beim Rathaus. Der roten Bieberschwanz- und Schiefereindeckung der Dächer verdankt es die Domäne Avelsbach, dass sie noch als das "rote Dorf" in Erinnerung ist. Wie viele Kürenzer kam auch der neue Ortsvorsteher Karl Lübeck als Kind zum Spielen hierher. Heute sind es nicht mehr die guten Arbeitsbedingungen des Staatsweinguts, sondern die Abgeschiedenheit, die die Bewohner an der Baltzstraße schätzen. Inzwischen arbeitet nur noch einer der "Dorfbewohner" bei der Domäne und ist damit einer der insgesamt nur noch 14 Mitarbeiter. "Dass in der Denkmalzone jetzt keine neuen Bauplätze entstehen dürfen, finden wir gut", bestätigt Klaus Hendele, der vor sechs Jahren neu in die Domäne Avelsbach gezogen ist.Morgen zum Abschluss unserer Kürenz-Serie: Rasen auf dem Schleichweg. Wie die Straße Am Grüneberg zweckentfremdet wird.

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