Taler, Taler, du musst wandern...

TRIER/TRIER-SAARBURG. Gut ein Jahr nach Einführung des Euro-Bargelds ist der Umgang damit - vor allem mit dem Münzgeld - für viele Menschen immer noch problematisch. Der Griff ins Portemonnaie wird nicht selten zur abenteuerlichen Entdeckungstour.

 Josefine Farsch (links) hat sich noch nicht an das Euro-Kleingeld gewöhnt. Im Laden von Finchen Zillgen in Schweich kann sie ohne "Kassenstress" beim Bezahlen die Münzen sortieren.Foto: Willi Speicher

Josefine Farsch (links) hat sich noch nicht an das Euro-Kleingeld gewöhnt. Im Laden von Finchen Zillgen in Schweich kann sie ohne "Kassenstress" beim Bezahlen die Münzen sortieren.Foto: Willi Speicher

DieLadentheke von Josefine (Finchen) Zillgen in Schweich ist einParadies für alle, denen die Cent-Münzen immer noch wieFremdkörper zwischen den Fingern liegen. Josefine Farsch gehörtzu den Kunden des kleinen Gemischtwaren-Ladens, die gestehen: "Esfällt mir schwer, das Euro-Münzgeld auseinander zu halten." BeiFinchen Zillgen, die die Problematik aus dem Alltag kennt, istZeit genug, den Inhalt des Geldbeutels auf die Theke zu schütten,die Münzen auseinander zu klauben und den zu zahlenden Betragpassend zu begleichen. Keiner drängelt, und es gibt auch keinemitleidigen Blicke aus der Schlange an der Kasse. Kein Einzelfall

Josefine Farsch ist kein Einzelfall. Manfred Diederich betreibt in Schweich ein Schreibwarengeschäft und weiß: "Die Leute kommen mit dem Kleingeld nicht gut zurecht." Auch jüngere Kunden suchten länger nach den passenden Münzen. Die einzelnen Werte würden nicht zielsicher aus dem Geldbeutel gegriffen. Da werde gesucht und gedreht, um die Münze einwandfrei zu identifizieren. Folge: Die Bezahlvorgänge dauern teilweise erheblich länger als zu D-Mark-Zeiten.

Längere Bezahlvorgänge können an der Kasse zum Nervenkitzel werden. Wer mit den Münzen Probleme hat, zahlt dort oft lieber mit einem Schein und lässt sich das Restgeld herausgeben.

Manfred Braband aus Trier ist aktives VdK-Mitglied und hat zahlreiche Kontakte zu älteren Mitbürgern. Aus vielen Gesprächen weiß er um die Ängste, die an der Kasse aufsteigen. Das führt so weit, dass manche Senioren aus Furcht, etwas falsch zu machen, nur noch mit Banknoten zahlen, das Münzgeld zu Hause horten und es en bloc zur Bank tragen, wo sie es in Ruhe wieder gegen Banknoten eintauschen.

Ähnliche Erfahrungen macht Manfred Neimann. Er betreibt im Foyer des Extra-Markts in Trier ein Tabak- und Schreibwarengeschäft mit angeschlossener Lotto-Annahme. Es werde häufiger mit "großem Geld" bezahlt, und das Wechselgeld werde - öfter als in Vor-Euro-Zeiten - ohne Nachzählen eingesteckt.

Das führt bisweilen zu akutem Kleingeldmangel in der Kassenschublade. "Ich habe einmal einem Kunden davon erzählt", berichtet Neimann. "Darauf ist der nach Hause geeilt und hat die Gelegenheit genutzt, seine gesammelten Münzbestände bei mir wieder los zu werden."

Nun könnte man meinen, dass in kleinen, überschaubaren Läden das Münzgeld umgeschlagen und in Supermärkten vorwiegend mit Banknoten gezahlt wird. Das scheint aber nicht der Fall zu sein.

Ein leitender Mitarbeiter eines großen deutschen Lebensmittel-Discounters, der namentlich nicht genannt sein will, verriet uns: "Seit der Einführung des Euro-Bargelds haben wir mehr Münzen in den Kassen denn je. Es wird verstärkt mit Münzgeld gezahlt, weil die Leute dieses Geld möglichst schnell wieder los werden wollen." Die Folge auch dort: längere Zahlzeiten an den Kassen durch umständliches Herauszählen der einzelnen Geldstücke. Und der Mann gesteht: "Ich sammele mein Kleingeld auch zu Hause."

Münzumschlag ist gleich geblieben

Offenbar schaffen die beiden Extreme im Umgang mit dem Bargeld einen gewissen Ausgleich des Geldaufkommens im Markt. Jedenfalls wird bei der Filiale Trier der Deutschen Bundesbank (frühere Landeszentralbank) nicht mehr Münzgeld nachgefragt als zu D-Mark-Zeiten.

Direktor Rainer Christmann gegenüber dem TV : "Es lässt sich natürlich schwer sagen, was im Umlauf ist, und was gehortet wird. Wir verzeichnen aber keinen übermäßigen Bedarf an Münzgeld."

Auch Willi Weyer, Vorstandsassistent der Sparkasse Trier, stellt keinen Unterschied fest. Nach Rücksprache mit mehreren Filialen des Instituts teilt er mit: "Keinerlei Änderungen beim Münzumschlag." Den Umgang mit dem Euro-Kleingeld hält er für eine Gewohnheitsfrage und gibt zu bedenken: "50 Jahre Leben mit der D-Mark sind eben nicht so schnell vom Tisch zu wischen."

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