Tanzen wie am Hofe Ludwigs XIV.

Eine Tanzausbildung mit ganz besonderem Charakter genießen Paare im Theater "Petipa" in Lorscheid beim ehemaligen Ballettchef des Trierer Theaters, Sergey Volobuyev. Auf Grundlage des klassisch-akademischen Balletts studiert er mit ihnen historische Tänze ein, die im höfischen Leben des Rokoko beliebt waren.

Lorscheid. (ae) Seitlich die Stange, vorne der Spiegel, dazu Klaviermusik - ganz klar, eine Ballettschule. Und doch ist hier etwas ungewöhnlich. Statt junger Mädchen sind gestandene Erwachsene versammelt. Herren in weiten Hosen, mit Hemd oder T-Shirt und Damen in Trikot und Rock warten konzentriert auf den richtigen Einsatz. Sie sollen "Pas de Basque" tanzen, eine Schrittfolge mit vier Positionen, darunter Drehungen. Mit Ihrem Ballettmeister Sergey Volobuyev haben sie die Elemente einzeln vorgeprobt, jetzt geht es um die richtige Kombination im Rhythmus von Musik. "Die wartet nicht auf uns", mahnt der Meister und begleitet das Tun seiner Eleven mit kritischen, aber wohlwollenden Blicken. Alle nehmen die Hürde und haben damit, wie in jeder Unterrichtseinheit, eine Grundlage des klassischen Balletts gelernt. Doch das ist noch nicht das Ende, denn nun folgt der spezielle Teil der Stunde: historischer Tanz. Nach Menuett ist heute der englische Walzer an der Reihe, wie er an den Höfen des Rokoko beliebt war. Während die Paare zu Mozartmusik durch den Raum schreiten, sich umeinander drehen oder gemeinsam wiegen, macht Volobuyev klar, warum die klassische Ausbildung am Anfang steht. "Das hier ist das, was wir an der Stange üben, einfach übertragen." Einfach? "Zu Musik ist es schwer, weil man die Bewegungen noch nicht verinnerlicht hat", meint jemand. Zudem geht es ja nicht nur um den Tanz: "Wechseln Sie mit Stil, begrüßen Sie sich respektvoll mit Neigung des Kopfes", fordert der Meister vollendete Eleganz ein. Oder: "Orientieren Sie sich mit dem einen Auge im Raum, mit dem anderen auf ihren Partner." Die Idealvorstellung dieses Tanzes sei absolute Geometrie. Nicht immer gelingt den Paaren die Koordination, doch dafür hat Volobuyev einen Trost parat: "Wenn wir Kleider bis zum Boden tragen, fällt es nicht so auf." Alle lachen, doch die Anspielung ist ernst gemeint. Denn die Teilnehmer präsentieren ihr Können gelegentlich tatsächlich in Kostümen. "Wir nehmen an Reenactment-Treffen teil", erklärt Dandy Kuschel. Das sind historisch korrekte Nachstellungen vom Leben vergangener Epochen, zum Beispiel von Bällen des 18. Jahrhunderts. "Die finden europaweit statt", berichtet Thomas Freis, der mit seiner Frau Brigitte bei solchen Gelegenheiten endlich perfekt tanzen können will. Das Ehepaar, wie auch Dandy Kuschel und dessen Tanzpartnerin Sieglinde Saif, sind froh, dass Volobuyev seit dem Frühjahr die entsprechende Ausbildung anbietet und kommen dafür aus Trier und Sirzenich. Alter und Vorkenntnisse spielen keine Rolle

"Das gibt es ja sonst nirgendwo", sagt Sieglinde Saif, die bei vergeblicher Nachfrage in Tanzschulen erfahren hat: "Historischer Tanz kann nur auf Basis klassischen Balletts vermittelt werden." Genau das tut Sergey Volobuyev und betont dabei, dass Alter und Vorkenntnisse der Teilnehmer keine Rolle spielen. "Wenn man es richtig können will, muss man nur dranbleiben." Thomas Freis, der wie die anderen dazu steht, nicht mehr ganz so beweglich zu sein wie früher, hat schon Lernerfolge festgestellt: "Man kommt besser rein und hat eine bessere Haltung." Sieglinde Saif, deren Ballettstunden Jahre zurückliegen, sagt: "Die Erinnerung kommt zurück." Dann spricht sie aus, was alle anderen zustimmend benicken: "Das Tanzen tut einfach gut, um beweglich zu bleiben, auch im Kopf."Neue Teilnehmer sind jederzeit willkommen, der Unterricht in klassischem Ballett und historischem Tanz findet jeden Dienstag um 20 Uhr im Theater "Petipa" in Lorscheid statt, Infos und Anmeldung unter Telefon 06500/1301.

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