Tempo 30 nachts: Jetzt wird auch gemessen

Trier · Das Pilotprojekt Tempo 30 in Trier kann weitergehen: Das Umweltministerium wird nach der Sabotage des ersten Geräts heute ein neues Seitenradar in der Saarstraße installieren. Parallel dazu tauchen neue Ungereimtheiten auf.

 Tempo 30 gilt derzeit in der Saarstraße wegen einer Baustelle 24 Stunden lang. Noch in diesem Jahr soll das Tempolimit aber generell nachts von 22 bis 6 Uhr gelten. TV-Foto: Friedemann Vetter

Tempo 30 gilt derzeit in der Saarstraße wegen einer Baustelle 24 Stunden lang. Noch in diesem Jahr soll das Tempolimit aber generell nachts von 22 bis 6 Uhr gelten. TV-Foto: Friedemann Vetter

Ein sogenanntes Seitenradar wird die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge in der Saarstraße messen. Die so ermittelten Daten sollen Aufschluss darüber geben, ob das Ende Juli verhängte nächtliche Tempo-30-Gebot in der Saar- und Matthiasstraße tatsächlich sein Ziel erreicht, den Verkehrslärm zwischen 22 und 6 Uhr zu senken. Denn dieser ist laut einer Messung der Stadt Trier so hoch, dass er die Gesundheit gefährdet.Pilotprojekt des Landes


Mehr als 500 Anwohner in beiden Straßen sind laut dieser Messung mehr als 65 Dezibel am Tag und mehr als 55 in der Nacht ausgesetzt. 55 Dezibel entsprechen einem normalen Gespräch in Zimmerlautstärke.
Das nächtliche Tempo 30 im Trierer Süden ist ein Pilotprojekt der Stadt und des Landes, das Signalwirkung für flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzungen in der Trierer Innenstadt haben könnte. Heute lässt das Ministerium das Gerät installieren. Im Gegensatz zu den Blitzern der Polizei macht es keine Fotos, sondern hält nur die gefahrenen Geschwindigkeiten fest.
"Die Installation ist für den 20. Oktober vorgesehen", bestätigt Ralf Frühauf vom Presseamt der Stadt Trier auf Anfrage des TV. "Die Stadt wurde über die Installation in Kenntnis gesetzt. Mitarbeiter des Stadtplanungsamts und des Tiefbauamts sind beim Aufbau beteiligt."
Es ist bereits der zweite Versuch der Stadt und des Landes, ein Seitenradar dauerhaft in der Saarstraße zu installieren. Der Erste schlug fehl, denn das Gerät wurde manipuliert (der TV berichtete). Das Ende März installierte Seitenradar wurde Ende August wieder abgebaut, da es laut Aussage einer Sprecherin des Ministeriums "in seiner Ausrichtung zur Straße verändert wurde". Ob das Messgerät während der sechs Monate in der Saarstraße überhaupt brauchbare Daten geliefert hat, steht noch nicht fest. Ein ebenfalls in der Saarstraße installiertes Lärmmessgerät funktioniert und sendet dagegen tadellos.
Doch parallel zum Sabotageproblem mit dem Seitenradar gibt es auch Ungereimtheiten in der Lärmerfassung. Darauf aufmerksam macht ein Mann, der seit Jahren bei vielen Behörden gefürchtet ist: Wilhelm Jungen aus Hetzerath. Der streitbare Rechtskundige hat in den letzten Jahren den Abbau von Tempo-30 und Tempo-40-Schildern in Longuich, Issel, Ehrang und Trier erreicht (der TV berichtete mehrmals). Sein härtester Kampf liegt bereits länger zurück: 2006 erstritt Jungen vor dem Amtsgericht eine Änderung der kommunalen Gefahrenabwehrverordnungen. Die Kommunen mussten daraufhin Zonen ausweisen, in denen Hundebesitzer ihre Tiere frei laufen lassen dürfen. Die Richter hatten zuvor Jungen recht gegeben: Der bis dahin geltende generelle Leinenzwang war unzulässig.
Jetzt beschäftigt sich Jungen mit dem Pilotprojekt Tempo 30 und schickt Schreiben nach Trier, Mainz und Berlin. Seine Aussage: "Es zeigt sich, dass es bei dem Verkehrsversuch in der Saarstraße an der nötigen Sorgfalt in der Versuchsdurchführung und Überwachung fehlt."Statistik stimmt nicht


Das lasse sich, so Jungen, auch beweisen. Er verweist auf die erfassten Daten des Lärmmessgeräts in der Saarstraße, die im Internet unter der Adresse www.dfld.de veröffentlicht und aktualisiert werden. Dort werden die Dezibelwerte in der Saarstraße in einer Jahresstatistik aufgelistet. Der ruhigste Monat war demnach der März mit durchschnittlich 60,8 Dezibel.
"Aber das Messgerät wurde erst Ende März in der Saarstraße installiert", sagt Jungen. "Vorher stand es in der Ostallee." Das bestätigen die vom Presseamt gelieferten Daten. Jungens Schlussfolgerung: "Die Jahresdurchschnittswerte sind fehlerhaft." Dazu komme die Panne mit dem manipulierten Seitenradar und den unbrauchbaren Daten - beides sei dem Umweltministerium erst nach zweieinhalb Monaten aufgefallen.
Die Installation des neuen Seitenradars ist heute um 11 Uhr in Höhe der Einmündung Saarstraße/Löwenbrückener Straße geplant. Das Pilotprojekt mit der nächtlichen Temporeduktion in Trier soll noch bis Juli 2015 laufen.

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