Teuer bezahltes Sonderangebot

TRIER. Unbemerkt gehen Taschendiebe in der Innenstadt auf Beutefang. Ihre Masche: Sie geben sich in Bekleidungsgeschäften als Kundinnen aus. Meist bleiben die Opfer auf ihrem Schaden sitzen.

Die Augustsonne lacht, von St. Gangolf schlägt es elf Uhr. In Einkaufslaune steuert Marlies Fries (Name geändert) ein großes Kaufhaus in der Fußgängerzone an. Orientalische Kissenhüllen, die sie heute im Prospekt entdeckt hat, möchte sie sich kaufen. Als die blonde Fünfzigjährige an einem Wühltisch mit Nachthemden stehen bleibt, wundert sie sich, warum sie die beiden Frauen gegenüber so anstarren. "Ich geh dann schon mal vor", sagt ein Mann dicht neben ihr. Unwillkürlich schaut Marlies Fries hinüber zu den Angesprochenen. Dann nimmt sie die Rolltreppe ins Untergeschoss und entscheidet sich für zwei Kissenhüllen. Als die Kassiererin freundlich lächelnd "13 Euro 98" fordert, durchwühlt Marlies Fries hektisch und mit rotem Kopf ihre Handtasche. Doch: Ihr Portemonnaie ist unauffindbar. In nur wenigen Sekunden passiert: Ein Taschendiebstahl. Die professionell und organisiert arbeitenden Taschendiebe sind fast ausschließlich "reisende Täter", die nicht in Deutschland wohnen, erklärt Kriminalhauptkommissar Reinhard Klein vom Polizeipräsidium Trier. Sie arbeiten im Team und kommen vor allem aus Osteuropa, Südamerika oder Nordafrika. In Trier sind in den vergangenen Jahren überwiegend junge Frauen oder Mädchen zwischen 12 und 35 Jahren als Taschendiebinnen aufgetreten. Sie sind vor allem in großen Bekleidungsgeschäften aktiv. Hier geben sich die Täterinnen als Kundinnen aus. Während sie scheinbar ebenfalls am Wühltisch oder Kleiderständer auf Kleidersuche sind, deckt eine das Opfer ab oder lenkt durch ein Gespräch ab. Eine andere zieht unbemerkt die Geldbörse aus der Handtasche und übergibt die Beute an eine Dritte. Nachdem auf einer Toilette Bargeld und EC-Karte entnommen wurden, wird die Geldbörse weggeworfen. Die Taschendiebe suchen sich als Opfer fast ausschließlich Frauen ab 45 Jahren, die ihre Geldbörsen in der Handtasche aufbewahren. Von Januar bis August 2003 gab es in Trier 148 Anzeigen wegen Taschendiebstahl. Reinhard Klein betont, dass Trier damit keine "Hochburg" für Taschendiebe ist. In ganz Rheinland-Pfalz gab es im vergangenen Jahr laut Kriminalstatistik 3838 Fälle von Taschendiebstahl. Sobald durch eine Anzeige bekannt wird, dass sich Taschendiebe in der Innenstadt aufhalten, schickt die Polizei Trier eine Zivilstreife los. "Wir nehmen Taschendiebstähle ernst", versichert der Kriminalhauptkommissar. 200 Euro hatte Marlies Fries in ihrer gestohlenen Geldbörse. Zwar wurden "ihre" drei Taschendiebe überführt und verurteilt, doch Marlies Fries ist auf ihrem Schaden sitzen geblieben. Um an ihr Geld zu kommen, müsste sie eine Zivilrechtsklage einlegen. "Zu aufwändig", seufzt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort