Tierheim Trier in Not: Wildtiere als Sondergäste (Video)

Wiltingen/Saarburg/Trier · Das Wildtierzentrum Wiltingen/Saarburg ist seit April zu. Schwächelnde Tiere landen deshalb im Trierer Tierheim. Dessen Betreiber schlagen nun Alarm. Sie sind überfordert.

Inge Wanken, erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Trier und Umgebung, sowie Tierheimleiterin Anna Jutz sind sauer. 168 Wildtiere vom Rehkitz über Fuchs und Marder bis zum Grünspecht hat das Trierer Heim seit April aufgenommen, weil das Wildtierzentrum der Region geschlossen ist (der TV berichtete). Wanken: "Das bringt uns räumlich, personell und finanziell an die Grenzen. Unsere eigentliche Aufgabe, Pflege und Vermittlung von teils schwierigen Haustieren, leidet darunter." Die Hauptsaison mit ausgesetzten Tieren komme zudem erst.

Die Vorgeschichte Dabei gebe es doch zwei Menschen, die sich gerne und fachkundig um die Wildtiere kümmern würden. Doch die bekämen kein Geld dafür. Jutz ergänzt: "Dabei geht es gerade mal um eine Stelle!" Die eine Stelle wäre für Jürgen Meyer. Mit seiner Frau Maria hat er 28 Jahre lang verletzte und geschwächte Tiere, die laut Meyer meist durch menschliches Verschulden in Not geraten seien, gepflegt und wieder ausgesetzt. Bis zu 1300 Lebewesen pro Jahr. Gerade mal 30 Prozent der jährlichen Kosten von 30.000 Euro für Futter, Pflege und Tierarzt hat das Land gezahlt. Den Rest hat der Verein Wildtierzentrum über Spenden aufgebracht. Im April dieses Jahres haben die Meyers dann die Notbremse gezogen. Bereits 2016 hatte das Paar, das all die Jahre auf Urlaub verzichtet hat, Politikern und Behörden angekündigt, aus gesundheitlichen Gründen aufzuhören. Jürgen Meyer hat noch einen zweiten Ganztagsjob, er ist Lackierer. Doch ein Jahr lang passierte nichts. Im April war dann Schluss.

Die Zustände im Tierheim Seitdem sind im Trierer Tierheim, in dem sonst Hunde, Katzen und Kleintiere wie Kaninchen und Ratten zu Hause sind, zusätzlich Wildtiere zu Gast. Tierheimleiterin Jutz erläutert: "Pro Tag melden sich bis zu fünf, sechs Leute und bringen Tiere vorbei." So sind Jutz und ihre zehn Tierpfleger und Helfer nun auch damit beschäftigt, dem blinden Rehkitz Anton oder kleinen Füchsen die Flasche zu geben. Die kranke Krähe, den geschwächten Grünspecht, die jungen, zerzausten Bachstelzen und andere Vögel füttern sie mit Würmchen. All das braucht jede Menge Zeit - nicht nur tagsüber. Inge Wanken sagt: "Der Hausmeister, die Pfleger und die Vorstandsmitglieder nehmen abends Tiere in Boxen mit nach Hause, denn die haben auch dann Hunger." Zur Belastung des Personals, das den Umgang mit Wildtieren erstmal lernen muss, kommt die fehlende Zulassung für Wildtiere. Die Aufnahme wird von den Behörden geduldet. Jutz meint: "Die Zulassung wollen wir auch gar nicht, wir haben andere Schwerpunkte." Zudem wird es eng im Tierheim. Denn dort, wo beispielsweise sonst die Schnupfenquarantäne für Katzen untergebracht ist, sitzen nun die Wildtiere in Käfigen. Ein weiteres Problem sind die Kosten. Das Tierheim wird laut Jutz zu 90 Prozent über Spenden finanziert - doch die sind für die Haustiere gedacht. Jutz stellt klar: "All das geht ein paar Tage lang, aber nicht länger! Es muss Geld für das Wildtierzentrum her, und zwar schnell!"

Die Debatte mit den Behörden Es geht um 40.000.Euro pro Jahr. Meyer hatte sich bereit erklärt, den Job für weniger Geld zu machen, als er jetzt verdient. Das Problem: Bei Haustieren, die gefunden werden, sind die Kommunen verpflichtet, sich zu kümmern. Bei Wildtieren gibt es diese Pflicht nicht. Und so war alles, was das Umweltministerium bislang in Aussicht gestellt hatte, ein Drittel des Gehalts zu übernehmen. Doch der Verein Wildtierzentrum kann nicht den ganzen Rest aufbringen. Aktuell hat Landrat Günther Schartz nach Rücksprache mit den Bürgermeistern des Landkreises den Antrag gestellt, die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz möge die Kosten übernehmen. Es handelt sich dabei um eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Ziel der Förderungen ist die dauerhafte Entwicklung von Natur und Umwelt. Vorstandsvorsitzende ist Umweltministerin Ulrike Höfken. Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung, sagt: "Wir sehen die Verantwortung in diesem Fall beim Land. Die Stiftung verfügt über erhebliche Mittel." Zur TV-Anfrage, ob der Antrag eine Chance hat und die Entscheidung bald fällt, konnte die Pressestelle des Umweltministeriums gestern noch nichts sagen, versprach aber baldige Antworten. Maria Meyer, an die sich weiterhin Menschen wenden, die geschwächte Wildtiere finden, blutet derweil das Herz. Sie sagt: "Ich versuche am Telefon zu beraten und mit allen Mitteln zu verhindern, dass Tiere sterben. Für uns wäre es fast einfacher gewesen, weiterzumachen."

Kommentar: Jetzt aber!

Es fehlt definitiv das Geld, damit Menschen sich nachhaltig um Wildtiere kümmern können. Die Meyers würden es gerne tun und haben es Jahrzehnte lang gut gemacht. Die Chance sollte das Land nutzen und das Wildtierzentrum endlich - wie andere Länder auch - auf feste finanzielle Füße stellen. Dies eröffnet Möglichkeiten: Azubis und Menschen, die einen Freiwilligendienst leisten, könnten zusteigen. Doch es muss angesichts der Zustände im Tierheim schnell gehen. m.maier@volksfreund.de

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